B. Die landesväterlichen Bestrebungen der Hohenzollern eꝛc.
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liche Dulder seine Söhne und Töchter. Dieses Wort, heldenmütig
vorgelebt, wird seinem Volk ein heiliges Vermächtnis bleiben.
2. Insbesondere hat das Kunstgewerbe an Kaiser Friedrich
viel verloren. Nach alter Sitte des Hohenzollernhauses hat er in seiner
Jugend ein Gewerbe und zwar die Tischlerei und Buchbinderei erlernt
und durch diese praktische Tätigkeit ein Verständnis für das Handwerk
und seine Aufgabe erworben. Als ihm nach den Kriegsjahren, an
denen er als „unser Fritz“ so ruhmreichen Anteil genommen hatte, das
Protektorat über die reichen Berliner Kunstsammlungen übertragen
wurde, ließ er sich die Förderung des Kunstgewerbes besonders an—
gelegen sein. Unter seiner Fürsorge entstand mit tatkräftiger Unter—
stützung seiner hohen kunstverständigen Gemahlin das Kunstgewerbe—
Museum in Berlin. Am 21. November 1881, an dem Geburtstage
der damaligen Kronprinzessin Viktoria, wurde diese neue und bedeut—
same Kunststätte feierlich eingeweiht. „Jetzt ist diese Sammlung er—
schlossen, unsern Mitbürgern und dem großen Publikum, den Wiß—
begierigen und Kunstfreunden zur Anregung. Möge sie schöne Früchte
tragen, den Gewerbetreibenden zum Nutzen, allen Nationen zum An—
triebe, in der Aufgabe zu wetteifern, das Höchste zu erringen in dem
edlen und schönen Kampfe für das Gute und Vollkommene“, so lautete
des Kronprinzen Wunsch, mit dem er das Museum eröffnete. Das
Kunstgewerbe nahm einen bedeutenden Aufschwung. Der Geschmack
wurde gebildet, der Sinn für vollendete Technik geschärft, das Streben,
das Beste zu leisten, zu einer Sache des nationalen Ehrgefühls
gemacht. H. Gehrig im Anschluß an Ruland u. a.
304. Kaiser Wilhelm II. (seit 15. Juni 1888).
Wanhlspruch: „Allweg gquet golre.“
a. An Mein Volk!
Gottes Ratschluß hat über Uns aufs neue die schmerzlichste
Trauer verhängt. Nachdem die Gruft über der sterblichen Hülle
Meines unvergeßlichen Herrn Großvaters sich kaum geschlossen hat,
ist auch Meines heißgeliebten Herrn Vaters Majestät aus dieser
Zeitlichkeit zum ewigen Frieden abgerufen worden. Die helden—
mütige, aus christlicher Ergebung erwachsende Tatkraft, mit der Er
Seinen Königlichen Pflichten, ungeachtet Seines Leidens, gerecht zu
werden wußle, schien der Hoffnung Raum zu geben, daß Er dem
Vaterlande noch länger erhalten bleiben werde. Gott hat es anders
beschlossen. Dem Königlichen Dulder, dessen Herz für alles Große
und Schöne schlug, sind nur wenige Monate beschieden gewesen, um
auch auf dem Throne die edlen Eigenschaften des Geistes und Herzens
zu bekätigen, welche Ihm die Liebe Seines Volkes rlen haben.
Der Tugenden, die Ihn schmückten, der Siege, die Er auf den
Schlachtfeldern einst errungen hat, wird dankbar gedacht werden,
solange deutsche Herzen schlagen, und unvergänglicher Ruhm wird
Seine ritterliche Gestalt in der Geschichte Deutschlands verklären.