Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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II. Von der Viehzucht. 
b. Nach ein paar Tagen kann dann die Schur stattfinden. Zu 
dem Zweck richtet man sich einen reinen Raum her, damit die Wolle 
nicht beschmutzt wird. Man fesselt die Tiere an den Füßen, und dann 
wird das Vließ zusammenhängend mit der bekannten Schafschere vor— 
sichtig vom Körper abgeschnitten. Das Scheren verlangt Übuͤng; be— 
sonders muß sich der Scherer hüten, die Haut zu verletzen. Manchmal 
sehen die armen Tiere geradezu zerschunden und zerstochen aus. Wo 
fich aber Narben bilden, da wächst entweder gar keine oder nur sehr 
geringe Wolle. Außerdem werden die Wunden meist von allerhand 
Geschmeiß verunreinigt. Das völlig abgetrennte Vließ wird sorgfältig 
zusammengelegt und mit Bindfaden festgeschnürt. Die Bündel hebt man 
am besten in Säcken verpackt auf, bis sie verkauft werden oder in die 
Waschanstalt zur chemischen Reinigung wandern. Die saubere und 
blendend reine Wolle kann dann versponnen, gefärbt und zu den 
mannigfaltigsten Geweben verarbeitet werden. Das gibt wie die Ver— 
arbeitung des Flachses eine nützliche Beschäftigung für die langen 
Winterabende, und wenn auch nur das Garn zu den Strümpfen und 
Röcken gewonnen wird. Es gibt Gegenden, wo auch heute noch Männer 
und Frauen die Weberei und die Selbstverfertigung von Leinen- und 
Wollzeug in althergebrachter Sitte aufs eifrigste betreiben. Möchten 
diese gulen Sitten sich noch lange halten! Dr. Helmtampf. 
VIII. Ziegenzucht. 
113. Die Ziege. 
1. Was dem großen und mittleren Landwirt die Kuh ist, das 
gilt dem kleinen Mann die Ziege. Es hat lange Zeit bedurft, bis 
man sich in landwirtschaftlichen Kreisen dieses Haustieres erinnerte. 
Erst in den letzten Jahren hat man eingesehen, nicht nur, daß noch 
so manches in der Ziegenhaältung zu bessern sei, sondern daß es sich 
auch verlohne, im Interesse der kleineren Leute sich des etwas verachteten 
Tieres anzunehmen. Wir wollen deshalb auch in diesem Buche der 
Ziege ein besonderes Kapitel einräumen. 
2. a. Die Ziege ist kein junges Haustier, im Gegenteil, sie war 
schon den alten Kulturvölkern wohl bekannt und ihrer vielseitigen Ver— 
wendung wegen geschätzt. Sie ist auch in fast allen Ländern verbreitet. 
Sie gehoͤrt, wie Rind und Schaf, in die Familie der sogenannten Hohl⸗— 
hörner und hat überhaupt mit den genannten Wiederkäuern im Körper— 
bau viel Gemeinsames. Außerlich sällt der meist vorhandene Kinnbart, 
die straffe Behaarung, der eckige Bau auf. Gesicht, Gehör und Geruch 
sind scharf entwickelt, besonders bei Tieren, die sich viel im Freien be— 
wegen können. Bei diesen ist auch das Temperament ein recht leb— 
haftes. Bekannt ist die Fähigkeit der Ziegen im Klettern. Anderseits 
sagt man ihnen aber auch Naschhaftigkeit nach, ob immer mit Recht, 
ist zweifelhaft. Jedenfalls scheint die Ziege einen gewissen Wohlgefallen
	        
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