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einen guten Bissen von ihr bekommen werden. Sie aber scharrt ruhig
weiter und schaut nach, ob sich nicht ein Braten in der Erde für ihre
Küchlein fände. Da entdeckt sie einen Wurm, und nun ruft sie alle herbei —
aber was ist ein Würmchen unter so viele! Und so scharrt sie aufs neue,
damit alle ihre Kleinen Nahrung bekommen. Da wird ihr von einem guten
Kinde ein Stückchen Brot zugeworfen. Schnell schnappt sie danach, aber
nicht um es selbst zu verzehren, sondern um es in Krümchen zu zerhacken,
damit ihre Küchlein es fressen können.
2. Seht, wie die Henne jetzt den Kopf in die Höhe hebt und stutzt,
als ob ihr etwas Verdächtiges vorgekommen sei. Sie hört einen Hund
bellen. Sobald sie denselben herannahen sieht, breitet sie ängstlich ihre
Flügel aus und ruft die Kleinen, daß sie herkommen und sich von ihr
bedecken lassen. Doch was geschieht? Zwei laufen ins Wasser; sie haben
den Ruf der Mutter nicht beachtet und kommen nun in Gefahr, ihr Leben
zu verlieren.
3. Ihr Gluck! Gluck! klingt wie Hilfe! Hilfe! Da kommt zum
Glück jemand, der die Kleinen mit einem Haken herausfischt. Wie freut
sich darüber die geängstigte Mutter, und doch — ihr Gluck! Gluck! klingt
jetzt ganz wie Auszanken. Sie ist ärgerlich darüber, daß ihre Kinder un—
gehorsam gewesen sind und sich beinah den Tod zugezogen haben.
Endlich kommt auch der Vater des Hühnervolkes, der stattliche
Hahn, dazu. Er schreitet stolz und kühn einher mit seinem Kamme auf
dem Haupte und den Sporen an den Füßen. Wie ein geschulter Soldat
hebt er Fuß um Fuß empor. Seine Augen sprühen Feuer, das kommt
wahrscheinlich von einem Kampfe mit einem andern Hahn, der sich in
seine Nähe wagte. Da hat es gewiß tüchtige Hiebe mit dem Schnabel
gesetzt; der besiegte, verwundete Feind hat fliehen müssen, und der Sieger
hat ihm ein lautes Viktoria nachgekräht! Da keine Gefahr mehr vorhanden
ist, so geht Freund Hahn mit auf den Broterwerb aus, und wenn er eine
Mahlzeit findet, so teilt er sie redlich mit der Henne und den Küchlein.
4. So scheu und furchtsam die Henne scheint, so mutig wehrt sie sich,
wenn man ihren Kleinen etwas zuleide thun will. Zwei Gluckhennen
wehrten sich in einem Stalle gegen einen Marder so furchtbar, daß der—
selbe beide Augen verlor und bluttriefend liegen blieb. Beide Hennen
fanden aber dabei ihren Tod, sie hatten sich für ihre Kleinen geopfert.
5. Mein Kind, wann hast du wohl die Henne am liebsten? Ist's
nicht um die Osterzeit, wo sie die schönen Ostereier legt, die gesotten und
mit schönen Farben, ja mit Bildern und Verschen verziert werden?
Sicherlich!
C. Pilz.
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