oder eine Keilrotte bildet sondern Familien oder Sippschaften. In der 
Nähe weilen die Gegenstände ihrer Liebe; von dort wird das Geschrei 
der Weiber, von dort das Weinen der Kinder gehört. Diese sind jedem 
die heiligsten Zeugen, ihr Lob gilt allen als das höchste. Vor die 
Mütter, vor die Frauen bringen sie ihre Wunden, und diese zählen und 
prüfen sie. Speise und ermunternden Zuspruch bringen sie ihnen in den 
Kampf. Man erzählt Beispiele, daß Schlachtreihen, schon zum Rückzüge 
geneigt und wankend, von den Weibern wiederhergestellt wurden durch 
unablässiges Bitten und durch Hinweisen auf die nahe Gefangenschaft, 
die sie weit mehr fürchten, wenn sie zugleich ihre Frauen trifft. In den 
Frauen, glauben sie, wohne etwas Heiliges und Prophetisches; und weder 
verschmähen sie ihren Rat, noch übersehen sie ihre Aussprüche. 
Die Götter in Tempeln einzuschließen und mit menschlichem Antlitz 
darzustellen, scheint dem Volke gegen die Würde der Himmlischen; 
Wälder und Haine weiht es ihnen. Zeichendeutung und Los spielen bei 
keinem Volke eine größere Rolle. Einfach ist das Verfahren beim Losen. 
Ein Reis von einem Fruchtbaume schneiden sie in kleine Stücke, bezeich¬ 
nen diese mit gewissen Zeichen und streuen sie dann aufs Geratewohl 
über ein weißes Tuch. Dann hebt, wenn in Staatssachen Befragung 
geschieht, der Priester des Stammes, wenn es eine Privatangelegenheit 
gilt, das Haupt der Familie unter Anrufung der Götter, den Blick gen 
Himmel gerichtet drei Stücke nacheinander auf und deutet sie nach den 
vorher darauf vermerkten Zeichen. Eigentümlich ist den Germanen, 
Weisheit und Rat von den Rossen zu heischen. Diese werden in 
eben jenen Hainen und Wäldern unterhalten. Weiß sind sie von 
Farbe, und kein irdischer Dienst hat sie je entweiht. An einen heiligen 
Wagen geschirrt werden sie von dem Priester und dem Könige 
oder Fürsten des Landes geleitet, die auf ihr Wiehern und Schnau¬ 
ben achten. Keiner anderen Weissagung wird mehr Glauben ge¬ 
schenkt, nicht bloß bei dem Volke sondern auch bei den Vornehmen und 
Priestern. Noch hat man eine andere Art, die Zukunft zu erforschen 
oder den Ausgang eines ernsten Krieges zu erraten. Einen Kriegs¬ 
gefangenen des Volkes, mit dem man im Streite liegt, lassen sie mit 
einem Auserwählten aus ihren Genossen, jeden mit den Waffen seines 
Landes kämpfen. Der Sieg des einen oder des anderen wird als Vor¬ 
bedeutung für die Entscheidung angesehen. 
Über minder wichtige Angelegenheiten ratschlagen die Fürsten, über 
bedeutendere alle Volksgenossen; doch findet in letzterem Falle stets eine 
Vorberatung unter den Fürsten statt. Sie treten, wenn nicht unerwartet 
etwas Besonderes vorfällt, an fest bestimmten Tagen zusammen, bei 
Neumond oder Vollmond; denn diese Zeit gilt ihnen als die geeignetste 
für den Beginn eines Geschäftes. Sobald die Menge sich zahlreich genug 
dünkt, läßt sie sich bewaffnet nieder. Stillschweigen gebieten die Priester, 
die dann auch das Strafrecht haben. Dann nimmt der König oder 
Vorsteher das Wort, mehr durch Überredung als durch Macht gebietend.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.