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erhitzt und im erweichten Zustande geebnet und geglättet. Ebenso macht
man die gewöhnlichen Spiegel; die besseren und teureren Sorten werden
gegossen und dann geschliffen. Sind die Glastafeln, Gläser und Gefäße
fest genug, daß sie sich nicht mehr verbiegen, so kommen sie in den Kühl¬
ofen, wo sie langsam sich abkühlen; in freier Luft würden die Glassachen
zu schnell erkalten und leicht springen.
Oft wird das Glasgefäß auch gefärbt, mit einer Inschrift versehen
oder verziert. Man färbt das Glas entweder in der Masse oder durch
Überziehen mit einer gefärbten, dünnen Glasschicht. Die erhabene In¬
schrift, die man vielfach auf Glasflaschen sieht, entsteht von selbst, wenn
man die flüssige Glasmasse in die mit denselben Inschriften versehenen
Hohlformen bläst. Die Verzierung der Glaswaren erfolgt durch Schneiden,
Gravieren, Schleifen, Polieren, Ätzen, Vergolden oder Bemalen. Glas¬
schrift und Glasgravierung wird mit kupfernen Rädchen hergestellt. Glas¬
schliff und Glaspolierung wird mit großen Rädern aus Eisen, Stein und
auch aus Holz unter Anwendung von Schmirgel, Sand, Bimsstein, Polier¬
schlamm und Zinnasche ausgeführt. Zur Glasätzung verwendet man in
neuerer Zeit gewöhnlich das Sandgebläse. Dabei wird durch einen starken
Luftstrom Sand gegen das teilweise mit Schablonen belegte Glas ge¬
schleudert, und auf diese Weise entstehen die Verzierungen in matter
Zeichnung auf dem Glase. Glasvergoldung geschieht durch Einbrennen
einer zähen Mischung aus Terpentin, Borax und Goldlösung in das Glas;
sie wird namentlich bei vertieft gravierten Ornamenten angewendet. Die
Glasbemalung kann nur mit feuerbeständigen Farben oder Schmelzfarben
zur Ausführung gelangen.
So ist denn jedes Glas, selbst das einfachste Stück Fensterglas, dem
Denkenden ein Beweis für die Fortschritte des Menschenverstandes, der
uns mit unzähligen Bequemlichkeiten umgeben hat, die unsere Vorfahren
nicht hatten, und deren wir uns oft nur deshalb nicht recht erfreuen, weil
wir nicht wissen, wie es ehedem war. Nach Kell, Kreusler u. a.
91 Die Aufgabe des Handwerks in der Gegenwart und
Zukunft.
Es hat das Handwerk vielfach gegen das Maschinenwesen geklagt;
törichte Klagen einer Macht gegenüber, die einmal da ist, die nicht mehr
verdrängt werden kann, die sich immermehr erweitert und vergrößert,
die anstatt beklagt, freudig begrüßt werden muß als eines der ausge¬
zeichnetsten und glänzendsten Erzeugnisse des menschlichen Geistes, das
die Menschen von harter Sklavenarbeit befreit, vielen Tausenden Unter¬
halt, Millionen bessere Nahrung, Kleidung und Wohnung, überhaupt ein
schöneres menschliches Dasein verschafft hat, bei dem es nun auch möglich
ist, den höheren Zwecken des menschlichen Lebens sich zu widmen. Aber
auch dem Bedrohlichen, das das Maschinenwesen an sich hat, kann der
Handwerksstand siegreich entgegentreten, sobald er sich eben dahin erhebt.