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dahin, unter Schleusen und Brücken hindurch. Hier löscht man, dort 
wird eine Ladung entgegengenommen. Es fehlt nicht an lautem Ruf 
und Gegenruf der auf den Kähnen, Schuten*) und Booten arbeitenden 
kräftigen Gestalten. Die Fleete sind mit der Größe und Bedeutung Ham¬ 
burgs unzertrennlich verbunden. In ihnen vollzieht sich der Ein- und 
Austausch des Welthandels; in den Speichern, die sie einfassen, lagern 
die Schätze aller Weltteile, über die der Kaufmann in seinem Kontor 
verfügt. 
Wir eilen durch die Altstadt hindurch. Wie wunderlich erscheinen 
uns die alten, zum Teil noch aus der Zeit des Hansabundes stammenden 
Häuser mit ihren geschnitzten Balkenköpfen, den vorspringenden Stock¬ 
werken, die aus unzähligen Fenstern mit kleinen Scheiben nach der Straße 
hinaussehen! Unser Weg führt an der ehrwürdigen Michaeliskirche^) vor¬ 
bei und windet sich dann einen Hügel hinauf, den Hamburgs Seemanns¬ 
haus krönt. Daneben ragt auf einer andern Kuppe die deutsche See- 
warte und läßt die Flagge des Reichs wehen^). 
Welch ein großartiger Anblick bietet sich dem überraschten Auge 
dar l Zu unsern Füßen breitet sich der stolze Strom und ein Wald von 
Masten, Hamburgs Hafen, aus. Derselbe erstreckt sich von der Altonaer 
Grenze bis zu den Elbbrücken, also in einer Ausdehnung von etwa 8000 
Meter bei einer Gesamtwasserfläche von 640 Hektars. Seit dem Jahre 
1888 ging Hamburg nebst Altona, unter Schaffung eines Freihafengebietes, 
dessen Anlage den Kostenaufwand von rund 160 Millionen Mark ver¬ 
ursachte, in den allgemeinen deutschen Zollverband über. 
Welch ein Kommen und Gehen auf dem Strome! Unaufhörlich 
ertönt die Dampfpfeife, klingt das Lichten der Anker, dazwischen der 
Sang der Matrosen und das Rasseln der Kr üne^). Von der Landungs- 
brücke löst sich ein Flußdampfer, vollgedrängt von fröhlichen Menschen, 
die das schöne Wetter zu einer Lustfahrt hinauslockt. Majestätisch gleitet 
einer der gewaltigen Meeresriesen heran, von jubelndem Zuruf der 
harrenden Menge begrüßt. Dort rechts von uns rüstet sich ein ähnlicher 
Dampfer zur Fahrt über den Ozean. Geschäftig werden die letzten Güter 
an Bord gebracht. Es ist Auswandererhabe, welche die Eigentümer 
selbst keuchend herbeischleppen. Bald ist das Schiff klar, und dann 
kommt der Abschied vom Vaterland. — Im Jahre 1907 wanderten nicht 
weniger als 189 810 Personen über Hamburg nach überseeischen Ländern 
aus. Links fesselt unsern Blick der Mastenwald, ein wirres Durcheinander, 
wie es uns scheinen mag. Doch bald entdecken wir eine musterhafte Ord- 
!) Große, flache, offene Kähne. 2) Der herrliche Bau wurde 1906 durch Feuer 
zerstört, ersteht aber wieder in seinen alten Formen. 3) Auf dem benachbarten 
Stintfang, einer vorspringenden Höhe, erhebt sich das aus Granit erbaute, das 
Hüusermeer der Stadt und den Mastenwald der Schiffe überragende Riesenstandbild 
Bismarcks, einen geharnischten Ritter darstellend. 4) Seitdem sind die Hamburger 
Hafennnlagen noch bedeutend erweitert, namentlich auf der Elbinsel Kuhwerder. 
5) Geräte, die schwere Lasten sowohl in die Höhe heben als auch seitwärts bewegen. 
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