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an den Nagel und ließ sich in Hyeres im südlichen Frankreich nieder, 
wo eine gar gesunde Luft ist und Leute, die bei uns an der Auszehrung 
sterben würden, noch viele Jahre leben können, weswegen auch viele 
reiche Leute hinziehen. Er kaufte sich dort ein fürstliches Landgut und war 
ein großer Herr — aber niemals stolz; denn er erzählte seinen Gästen 
gar zu gern von seiner Herkunft, seinem Handwerk und wie er sich geplagt. 
Daß ihr nun wißt, wie ungeheuer reich er war, ist noch nicht alles. 
Die Hauptsache ist, wie er seinen Reichtum anwandte. Ich habe euch 
schon erzählt, daß Wohltun sein höchstes Glück war. Es war aber auch 
über die Maßen, wie er Wohltaten spendete. In Marseille steht eine 
evangelische Kirche, die hat er fast aus seinen Mitteln erbaut. Die 
Bibelgesellschaft daselbst hat er reich begabt; der katholischen Kirche in 
Hyeres ließ er eine große Orgel bauen, ließ in der Stadt die Brunnen 
herstellen, neue graben, stiftete ein Hospital und dergleichen herrliche 
Anstalten. Und daß ein solcher Mann seinen Geburtsort nicht vergaß, 
versteht sich wohl von selbst. 
Wenn ihr einmal nach Kippenheim kommt und den Namen Georg 
Stulz nennt, so ziehen die Leute die Hüte ab und sagen: „Gott ver¬ 
gelte ihm, was er den Armen tat!" Dann zeigen sie euch die Kirche, 
das Hospital und so weiter und sagen: „Das hat er alles gebaut und 
gestiftet!" Und kommt ihr nach Karlsruhe, der Hauptstadt des schönen 
Badener Landes, so wird man euch erzählen, daß er ungeheure Summen 
schenkte zur polytechnischen Schule, zum Pfründnerhaus und zum Waisen¬ 
haus. Man Hafis ausgerechnet, daß er in allem 300 000 Franken und 
mehr, ja ganz genau 363 400 Franken gestiftet hat. Das war ein edler 
Mensch! Als Schneiderlein ist er in die Welt gezogen, blutarm aber 
reich am Herzen. Da hat Gottes Segen Früchte getragen! Der Name 
Georg Stulz wurde und wird nicht nur von dankbaren Menschen sondern 
von Gottes Engeln liebend und segnend genannt! 
Sein Landesherr, der Großherzog von Baden, der gerne das Ver¬ 
dienst seines Landeskindes ehren wollte, hat seine Brust mit dem Orden 
des Zähringer Löwen geschmückt und ihn nachmals mit vielen Ehren in 
den Freiherrnstand erhoben. 
Am 17. November 1832 starb in Hyeres im südlichen Frankreich 
der Freiherr Georg Stulz von Ortenberg, wie ihn sein Landesherr be¬ 
nannte, und an seinem Grabe flössen reiche Tränen der Liebe; denn er 
starb als Vater der Armen und Bedrängten. In Kippenheim steht sein 
Denkmal; aber das zerfällt mit der Zeit. Größer und schöner ist dagegen 
das, welches er gründete durch Wohltätigkeits-Anstalten, die fortdauern 
zum Segen der leidenden Menschen. W. o. v. Horn. 
31. Kindesdank und Undank. 
Man findet gar oft, wenn man ein wenig aufmerksam ist, 
daß Menschen im Alter von ihren Kindern wieder ebenso be-
	        
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