Full text: Deutsches Lesebuch für die weibliche Jugend

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der deutschen Nation angehörigen Stadt Mainz, welche die Güte Gottes 
mit so hehrem Geisteslichte und freiem Gnadengeschenke den anderen 
Völkern der Erde vorzuziehen gewürdigt hat, gedruckt und zustande 
gebracht worden, und zwar nicht mittels des Rohrs, des Griffels oder 
der Feder, sondern durch das bewundernswürdige Zusammenpassen, 
Verhältnis und Gemeinmaß der Patronen und der Formen.“ 
Mit dem Jahre 1465 trat eine Wendung in Gutenbergs Leben 
ein, die seiner Wirksamkeit als Buchdrucker ein Ziel setzte. Er wurde 
nämlich vom Kurfürsten Adolf von Nassau für persönliche gute Dienste 
zum Hofkavalier mit einer lebenslänglichen Pension ernannt und be— 
gab sich infolge davon in das kurfürstliche Hoflager zu Eltville im 
Rheingau. Zwar nahm er seine Buchdruckerei mit sich, trat sie aber 
bald darauf an seine Verwandten, Heinrich und Nikolaus Bechtermünz, 
nachdem er sie im Geschäft unterrichtet, mietweise ab und überwies den 
Pachtvertrag dem Dr. Humery zur Tilgung der ihm, Gutenberg, ge— 
währten Vorschüsse. Aus jener Periode stammt, mit den Typen des 
Katholikon gedruckt, das , Vocabularium latinoteutonicum“ (lateinisch- 
deutsches Wörterbuch) in 165 Blättern; es erschien am 4. November 
1467. Kurze Zeit darauf war Gutenberg nicht mehr am Leben; 
sein Todestag fällt in die Zeit vom 24. November 1467 und dem 
24. Februar 1468; der Tag selbst ist nicht bekannt. Er wurde in 
der Dominikanerkirche zu Mainz begraben und ihm eine passende 
Grabschrift gesetzt. Grab und Begräbniskirche sind jedoch längst nicht 
mehr vorhanden; sie gingen bei der Beschießung von Mainz durch die 
Franzosen in der Nacht vom 20. bis 21. Juli 1793 in Flammen auf. 
Die lateinische Inschrift, welche Adam Gelthuß, einer seiner Ver— 
wandten, für ihn verfertigte, ist noch bekannt und lautet zu deutsch: 
„Dem um alle Nationen und Sprachen hochverdienten Erfinder der 
Buchdruckerkunst, Johann Gensfleisch, hat Ad. Gelthuß zum ewigen 
Andenken seines Namens dieses Denkmal gesetzt“. Die Gutenbergsche 
Offizin ging nach Heinr. Bechtermünz' Tod in den alleinigen Besitz 
des Nik. Bechtermünz über, der das Geschäft bis 1477 fortsetzte. Nach 
seinem Tode übernahmen es die Brüder des gemeinsamen Lebens 
Eratres vitas communis) in Marienthal bei Eltville; von 1608 an 
besaß es Fr. Hewmann in Frankfurt am Main. 
Lückenhaft genug ist allerdings die Lebensgeschichte unseres Meisters 
Gutenberg auf uns gekommen, doch ist das Wenige, was wir von ihm 
erfahren, schon geeignet, unsre ganze Teilnahme für ihn in Anspruch 
zu nehmen. Er hatte eben das Schicksal so manches Erfinders. Fort— 
während mit dem Mangel an Mitteln kämpfend, setzte er alles an die 
Verwirklichung einer Idee, deren Wichtigkeit ihm klar vor der Seele 
stand. Dem Ziele endlich nahe gekommen, sah er sich durch andere 
um die Früchte seiner Arbeit gebracht. Selbst die Ehre der Erfindung
	        
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