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Laß ihm alles Edle, o Herr, gelingen,
Was sein hoher Sinn sich ersehnt! Vom Leide
Miß ihm kleinen Anteil nur zu in Gnaden!
Segne den Kaiser!
Vater unser, Herrscher des Weltenthrones,
Millionen Bitten erhörst du täglich —
Gnädig wäge heute auch unsre Bitte —
Segne den Kaiser!
198. Aufgaben des Staates.
Es ist die Aufgabe des Staates, das gemeine Beste aller
Staatsbürger zu fördern, und auf jedem Gebiete seiner Tätigkeit
wird zu erkennen sein, ob er diese Aufgabe zu erfüllen strebt, oder
ob seine Maßnahmen nur im Interesse einer wohlsituierten Minder⸗
heit getroffen werden. Eine volkstümliche Gesetzgebung und Ver—
waltung muß sich hohe Ziele stecken und diese Ziele mit Einsicht und
Verständnis, rastloser Arbeit und unermüdlichem Eifer zu erreichen
trachten. Die Unterrichtsanstalten sollen auf die breiten Schich—
ten des Volkes ausgedehnt und die Gewerbeverhältnisse so geregelt
werden, daß die Arbeitskraft vieler nicht zum unverhältnismäßigen
Vorteil weniger angespannt wird; die Abgaben an Staat und Ge—
meinde sollen so verteilt sein, daß sie für die Schultern der Schwachen
erträglich sind; die gleiche Fürsorge soll für Stadt und für Land
gelten, und Förderung soll besonders denjenigen Teilen des Landes
gewährt werden, welche von der Natur weniger begünstigt sind. Der
Staat soll Maßnahmen treffen, daß die handarbeitende Be—
völkerung bei Krankheit, Unfall oder Invalidität nicht in Not
gerät, welche ihre wirtschaftliche Existenz untergräbt; in der Ver—
waltung soll jedermann Schutz gegen Unrecht finden und so viel
Teilnahme an derselben haben, als seiner Einsicht und seinem Inter—
esse entspricht; die Justiz aber soll so administriert werden, daß
das Anrufen gerechter Gesetze auch dem Armen ermöglicht ist. An
der Verteidigung des Ländes gegen die Angriffe seiner Feinde
sollen alle teilnehmen, welche Waffen zu tragen imstande sind, und
die Last des Kriegsdienstes auch im Frieden so verteilt sein, daß die
Wehrhaftigkeit des Landes dauernd erhalten bleibt. Die Verkehrs—
anstalten zu Wasser und zu Lande sollen so eingerichtet werden,
daß ihre Benutzung für Handel und Industrie, sowie für die Be—
förderung von Personen leicht und bequem ist. Für Kunst und
Wissenschaft soll der Staat alles tun, um deren Erfolge zum Ge—
meingut der Nation zu machen. Das Wort und die Schrift sollen
so frei sein, als die Achtung vor dem Rechte der Allgemeinheit irgend
Henschke, Deutsches Lesebuch. 5. Aufl.
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