Zum neuen Jahr die alten Sorgen,
Roch sind wir nicht im Jubeljahr;
Noch wallen wir auf Pilgerwegen
Bergauf, bergab in Sonn und Regen;
Noch gilt's zu kämpfen immerdar.
Zum neuen Jahr die alten Sorgen,
Roch sind wir nicht im Jubeljahr!
Zum neuen Jahr ein neues Hoffen,
Die Erde wird noch immer grün.
Auch dieser März bringt Lerchenlieder,
Auch dieser Mai bringt Rosen wieder,
Auch dieses Jahr läßt Freuden blühn.
Zum neuen Jahr ein neues Hoffen,
die Erde wird noch immer grün!
L.
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Zum neuen Jahr den alten Glauben,
In diesem Zeichen siegen wir
Glück zu, mein Volk, auf allen Bahnen
Entrolle kühn der Zukunft Fahnen
Doch Christus bleib das Reichspanier!
Zum neuen Jahr den alten Glauben,
In diesem Zeichen siegen wir!
Zum neuen Jahr ein neues Herze,
Ein frisches Blatt im Lebensbuch!
Die alte Schuld sei ausgestrichen,
Der alte Zwist sei ausgeglichen
Und ausgetilgt der alte Fluch!
Zum neuen Jahr ein neues Herze,
Ein frisches Blatt im Lebensbuch!
Gerok
16.(8.) Die Neujahrsnacht eines Unglücklichen.
Ein alter Mensch stand in der Neujahrsnacht am Fenster und schaute
verzweiflungsvoll auf zum unbeweglichen, ewig blühenden Himmel und
wieder heraäb auf die stille, reine, weiße Erde, worauf jetzt niemand so
freuden- und schlaflos war wie er. Der Kirchhof lag vor ihm, sein nahes
Grab war bloß vom Schnee des Alters, nicht vom Grün der Jugend ver—
deckt, und er brachte nichts mit aus dem ganzen reichen Leben, nichts mit
als Irrtümer, die Brust voll Gift und ein Alter voll Reue. Seine schönen
Jugendtage wandten sich heute als Gespenster um und zogen ihn wieder
hor den hellen Morgen hin, wo ihn sein Vater zuerst auf den Scheide
weg des Lebens gestellt hatte, der rechts auf der Sonnenbahn der Tugend
in ein weites, ruhiges Land voll Licht, in die Heimat der Engel bringt,
ind welcher links in die Maulwurfsgänge des Lasters hinabzieht, in eine
schwarze Höhle voll heruntertropfenden Gifts, voll zischender Schlangen
und finsterer, schwüler Dünste.
Ach, die Schlangen hingen um seine Brust und die Gifttropfen auf
seiner Zunge, und er wußte nun, wo er war.
ESunlos und mit unaussprechlichem Grame rief er zum Himmel hinauf;
Gieb mir meine Jugend wieder! O Vater! stelle mich wieder auf den
Scheideweg, damit ich anders wähle!
AWer sein Vater und seine Jugend waren längst dahin. Er sah Irr⸗
lichter auf Sümpfen tanzen und auf dem Gottesacker erlöschen, und er
sagte: Es sind meine thörichten Tage. — Er sah einen Stern aus dem
Himmel fliehen und im Falle schimmern und auf der Erde zerrinnen
Das bin ich, sagte sein blutendes Herz, und die Schlangenzähne der
Reue gruben sich liefer ein in seine Wunden.
Bie Einbildungskraft zeigle ihm schleichende Nachtwandler auf, den
Dächern, und die Windmühle hob ihre Arme drohend zum Zerschlagen
auf, und im leeren Totenhause nahm eine zurückgebliebene Larve allmählich
seine Züge an.
Millen in seiner Angst floß plötzlich die Musik für das Neujahr vom
Turme hernieder, wie ferner Kirchengesang. Er wurde sanfter bewegt, er
schaute nach den Himmel und über die weite Erde und dachte an seine
Jugendfreunde, die nun, besser und glücklicher als er, Lehrer der Erde,
Väler glücklicher Kinder und gesegnete Menschen waren, und er sagte: O,