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Die Indianerbevölkerung ist in den Unionsstaaten in stetiger Ab—
nahme begriffen. Die angeblich civilisierten Indianer, welche das sogenannte
Indianerterritorium bewohnen und sich infolge der von ihnen angenommenen
gesittelen Lebensart in guten Umständen befinden, unterscheiden sich von den von
der Jagd lebenden Indianern nur darin, daß ihre Abnahme nicht mit derselben
Schnelligkeit vor sich geht, wie die der wilden Indianer. Die unverfälschte
Rothaut folgt ihreni Instinkte, der sie zum Nomadentume treibt. Dieser
Trieb nötigt sie zum Vernichtungskampfe gegen die Pioniere der Kultur,
die langsam, aber sicher und erfolgreich vorwärtsdringen und die wüsten
Jdagdgebiete der Urvölker Amerikas der allgemeinen Wohlfahrt dienstbar
machen. Aus Hellwald: Die Erde und ihre Völker.
40. Qhina und Japan.
Die einflubreichsten Staaten Ostasiens, die auch für unser Vater
land immer höhere Bedeutung gewinnen, sind das ungeheure chinesische
Reich, das in seinem Umfange Gesamt Luropa ũbertrifft, und das kleine
Inselreieh Japan.
In beiden Reichen begegnen wir einer eigenartigen Kultur, die in
ihren Anfängen jahrtausendeweit zurückreiekt. Sowobl der hinese,
als aueh der Japaner sind geistig hoch begabt, dabei äuberst fleibig,
ea und in bbrem Streben sehr auf den Erwerb gerichtet. Die
hocehwiehtigen Erfindungen der Buchdruckerkunst, des Kompasses und
des Poreins varen den Qlinesen schon zu einer Zeit bekannt, als
ieh das deutsehe Volk erst in den Anfüngen seiner Kultur befand.
Von Quina aus verpflanzte sieh die hohe Kultur frühzeitig nach Japan
Mer diese beiden reiehbbegabten Völker sehlossen sich, befangen von
einem eigenartigen Nationaldünkel, fast vollständig von dem Auslande
ab; nur mit einzelnen Seehandelsvölkern unterbielten sie einen be—
ScRrunkten Verkebr, vermieden dabei aber möglichst eine persõnliehe Be-
rũhrung mit den „fremden Barbaren“. Da ihnen somit jede tiefgehende An-
regung von auhen fehlte, blieben sie in ihrer Kultur mehr als ein
Jalirtausend auf fast gleicher Stufe stehen.
elr vieh aber in unserm Jahrhunderte der oceanische Welt-
verkehr entwiekelte, um so weniger vermochten die Qhlinesen und Ja
paner ihr Absebliebungssystem aufrecht zu erhalten. Die Chinesen
den 1842 dureh die Engländer mit Waffengewalt gezwungen, eine
Reihe ihrer Häfen dem freien Verkehre zu öffnen, und 1853 ertrotzte
Nordamerika die Erschliebung Japans. Im Laufe der folgenden Jahre
ueeet eb der Verkehr der beiden Staaten mit den europäischen
Seehandelsvölkern und den Nordamerikanern immer lebhafter, und ihre
Ausfubr von Seide, Thee, Porzellan, Lackwaren u.s. V. ist sebr be—
langreich.
Welehen Einfluß übte nun der neuangebahnte Verkehbr auf die
inneren Vealiuiee Qhinas und Japans aus? Der Chinese sucht aus
dem Verkebre mit dem Auslande möglichst Vorteile für sieb zu ge—
winnen; in seinem ausgeprägten Handelstriebe knüpft er gern Handels-
beziehungen mit den Fremden an und zeigt dabei eine grohe Ver—
sehlagenbeit und Pfifögkeit, die den Fremden zu grobher Vorsicht