Handel und Industrie.
41. Unsere chemische Industrie.
Vor dem großen Aufschwunge der Wer Jahre, mit Liebig gleichsam
als Lichtquell, da es in Chemikalien noch gemütlich, also empirisch her⸗
ging, war dieses Gebiet in England, Frankreich, Deutschland ungefähr
gleichmäßig entwickelt. In Frankreich fabrizierte man Dank dem Le Blane⸗
schen Sodaverfahren die größten und besten Qualitäten von Seife ganz
ohne wissenschaftliche Beihilfe, was übrigens in Marseille noch heute
meist ohne die geeignete Schätzung eines Chemikers geschieht, der doch
sicher gewinnbringend wäre. In England und Deutschland wurde
Schwefelsäure, Soda und Salpetersäure gewonnen. Da aber der Schwefel
aus Girgenti mit Hilfe des Pariser Rothschild in den vierziger Jahren
zu hoch stieg, erinnerte man sich, daß es u. A. bei uns kaum ein Gestein
giebt, das nicht Schwefelkies enthält, und wandte sich diesem zu. Dabei
sind die spanischen Schwefelkiese so reich auch an Kupfer, daß man sogar
die hohe Fracht nicht scheut. Diese spanischen Kiese kommen also über
Hamburg an, werden im Inlande auf Schwefel verarbeitet und
dann wieder als Rückstände an die Elbe gesandt, um auch noch
ihr Kupfer herzugeben. Endlich fabriziert man noch Chlorkalk zu
Bleichzwecken.
Mit Liebig und dessen Schule kam die moderne Chemie auf, welche
die gegenseitige Ausnützung eines jeden Stoffes nach Kräften unternimmt
und aus den Rückständen noch die schönsten Reichtümer lockt. Früher,
bei alten Sodafabriken, ist mit diesen Rückständen ein ungeheures Terrain
unverwertet bedeckt gewesen, in England war auf Quadratkilometer hinaus
die Luft davon verpestet. Aber auch der Zwang war hierin ein guter
Lehrmeister. So pflegte ein großes Etablissement seine schweflige Säure
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