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auf, zwei Jahre später bei uns. Zu ihren Erfindern rechnen wir viele
Deutsche, so Dr. Caro in Mannheim, früher in Manchester, dann
Aug. Wilh. v. Hofmann, Gräbe, sowie Liebermann und O. N. Witt.
Drei Vorzüge haben diese organischen Farbstoffe: Schönheit, relative
Billigkeit (Farbhölzer und Krapp gaben zu wenig Ausbeute) und ihre
Nuancen. Bis um 1860 hatte man für Farben 1. Krapp, das Rot gab,
2. Indigo für Blau, 3. Farbhölzer für Gelb, Rot und Schwarz, 4. Coche⸗
nille für das bekannte Rot. Und heute? Krapp, dessen Anbau Frankreich
Millionen eintrug, sieht seine frühere Industrie jetzt tot, während die
wertvolle Theerfarbe, aus Alizarin gewonnen, uns jetzt die größten
Reichtümer einbringt. Indigo ist bereits durch Baeyer in München künstlich
hergestellt, und man sieht ihn bereits auf den Rechnungen der Badischen
Anilinfabrik gedruckt, die ihn zu manchen Zwecken fabriziert. Ist es erst
gelungen, den Preis hierfür billiger zu schaffen, so erleidet Indien einen
großen Schlag und dies um so stärker, als der betreffende Boden nur
schwer mit Anderem angebaut werden kann. Gewöhnlich dauert es
höchstens ein Jahr, bis allgemein das Surrogat an Stelle des Natur—
produktes getreten ist. Bekanntlich ist der Indigovorrat ein so wenig
großer, daß eine untergegangene Schiffsladung den Marktpreis
steigen läßt.
Die Heilmittel schließen sich der Farbenherstellung an, weil vielfach
dieselbe Fabrikationsmethode und dieselben Materialien zu Grunde liegen.
Welche kolossale Rolle spielt nicht die Karbolsäure in der Farbenindustrie
und welche zugleich in der Antiseptik! Auch auf diesem Gebiete steht
Deutschland ohne Nebenbuhler da, weil wir am billigsten liefern können.
Man bedenke nur, daß z. B. ganz Afrika von uns mit Chinin und zwar
von Privatfabriken in Waldhof, Darmstadt, Erfurt versorgt wird. Die
Heilmittel werden den Apothekern direkt nur ungern abgegeben, sie müssen
schon viele Kilo bestellen. Vom Antipyrin verkauft der Apotheker das
Gramm zu 20 Pfennig, die Fabriken, resp. die Höchster Farbwerke
bemessen den Preis dem Engroshändler zu ca. 10 Pfennig, und schon
darauf liegt ein ganz exorbitanter Gewinn.
Die Desinfektionsmittel umfassen bei uns ein weites Gebiet. Der
Preis dieser Mittel schwankt außerordentlich und konnte u. a. während
der vorigen Cholera um 50 Prozent steigen. Es soll bessere und billigere