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wöhnt sind, aus ihrem jungen Rindvieh, wenn sie ihm zuviel Körner—
und Olkuchenfutter reichen und dadurch seine Entwicklung sehr be—
fördern wollen, ihren Stall mehr mit Mast-, statt mit Milchvieh
füllen. Dr. V. Funt, Die Schule des Landwirts. (Leipzig, Hugo Voigt.)
38. Das Jungvieh muß sich ausreichend bewegen.
Dem Jungvieh soll ausgiebige Bewegung und so viel Freiheit
gewährt werden, daß es zum mindesten in seiner körperlichen Aus—
bildung nicht gehemmt wird. Wohl ist es allgemeiner Brauch, daß
man z. B. Fohlen neben dem Gespann einherspringen läßt, vielleicht
nur, um damit Staat zu machen; wird aber das Junge lästig oder
zu übermütig, oder kann wegen irgendwelcher Umstände nicht aus—
gefahren werden, so muß es daheimbleiben und Stallarrest erhalten.
Desgleichen kommen Kälber erst dann aus dem Stalle, wenn sie ein
gewisses Alter erreicht haben, und da bleibt es manchmal nur beim
Versuche, weil das „störrische Ding“ nicht zum Stalle heraus will.
Wäre das junge Tier schon früher daran gewöhnt worden, seine Beine
zu gebrauchen, anstatt in einer finsteren Ecke des Stalles angebunden
zu werden, so würde es fortan gern seinen älteren Stallgenossen folgen,
wie ja auch die lustigen, possierlichen Sprünge solcher ins Freie ge—
ratenen Pfleglinge beweisen.
Es ist Tierquälerei, die sich schwer rächt, die Kälber im hintersten,
finstersten Winkel des Stalles unterzubringen, wo sie elend ver—
kümmern. Eine Überwachung des Ernährung- und Gesundheitszu—
standes ist da ebensowenig möglich, wie die Sorge für die Reinlichkeit
und die Übersicht über den Zustand des Lagers und der übrigen Um—
gebung des jungen Tieres. Am besten sind geräumige Laufstände,
welche den Tieren die zur Entwicklung notwendige Bewegung für
die erste Zeit gewähren und, falls kein geeigneter Platz zum späteren
Aufenthalt im Freien zur Verfügung steht, auch dann noch gute
Dienste leisten. Solche Laufstände werden in einer Größe von ungefähr
3 mꝰ auf möglichst ebenem, trockenem Boden an einem hellen, luftigen,
aber nicht zugigen Platze im Stalle angebracht.
Anbinden sollte man die Kälber vor Ablauf eines halben
Jahres überhaupt nicht. Man weise dem Tiere gleich nach der
Geburt seinen Laufstand an, in dem es sich frei bewegen kann. Schon
nach kurzer Zeit läßt man bei warmem, sonnigem Wetter das Junge
mit dem Muttertiere täglich an den Brunnen laufen, falls sein Körper—
bau und seine übrigen Eigenschaften dazu angetan sind, daß es zur
Aufzucht und als Zuchttier bestimmt werden kann. Dadurch gewöhnt
es sich von früher Jugend auf an das Gehen, und der schon von Natur
aus beim Rinde schwerfällige und unbeholfene Gang wird dadurch
flinker und gewandter. Für Gegenden, in welchen man ausschließ—
lich Rindvieh zum Zugdienste gebraucht, ist dies von nicht zu unter—
schätzender Bedeutung.
Aber auch vom Standpunkt des Züchters aus betrachtet, bietet eine
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