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Ein Tummelplatz für Kälber läßt sich mangels eines Weidegangs
wohl bei jedem Haus oder Hof errichten. Der „Praltische Landwirt“
39. Ziegen.
Die Ziege ist die Kuh des kleinen Mannes; aber nur bei
richtiger Fütterung, Haltung und Zucht.
So verbreitet die Ziegenzucht in Deutschland auch ist, es könnten
noch viel mehr Ziegen gehalten werden, wenn der wirkliche Nutzen in
weiteren Schichten der Bevölkerung bekannt wäre. Aber so sieht man
vielfach mit Vorurteil, ja mit Geringschätzung auf dieses nützliche
Tier herab. — Na, heißt es, was kann denn solche Ziege Großes
leisten, da ist ja nichts mit los, die Milch schmeckt streng, das Futter
streuen sie im Stalle umher, die Butter sieht so weiß aus und schmeckt
mehr nach Talg, wie nach wirklicher Butter, und wie die Klagen alle
lauten. Sie waren insoweit nicht ganz unberechtigt, als vor der Ein—
führung der Schweizer Ziege zur Verbesserung der einheimischen
Zucht letztere sehr im argen lag. Während früher ein Jahresquantum
von 300 Litern Milch hoch war, gibt es jetzt Ziegen, welche jähr—
lich 7-800 Liter hergeben, ja in der ersten Zeit nach dem Lammen
täglich auf fünf Liter und darüber kommen.
Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft hat schon längst den
Nutzen richtiger Ziegenzucht eingesehen, der dem Nationalvermögen er—
wachsen ist, indem sie auf großen Ausstellungen Tausende von Mark
zur Prämiierung ausgesetzt hat. Einzelne Ziegen und Böcke haben schon
Prämien von 150 Mark erhalten. Große Milchergiebigkeit kann
man heranzüchten, indem sie sich vererbt. Wie bei der Kuh gilt auch
bei der Ziege das Sprichwort: Die Ziege melkt durch den Hals.
Ein großer Vorzug vor der Kuhmilch besteht darin, daß die
Ziegenmilch fast frei von Tuberkelbazillen ist. Während die
Tuberkulose bei Kühen in einem durchschnittlichen Prozentsatze von
20 auf 100 vorkommt, gibt es nicht mal 1/30/0 Tuberkulose bei den
Ziegen, und das ist außerordentlich wichtig für die Volkswohlfahrt.
Ziegenmilch ist daher der Kuhmilch als Kinderernährungs—
mittel vorzuziehen. Der etwas strenge Geschmack, den die Ziegen—
milch, namentlich wenn sie älter wird, hat, fällt besonders bei einigen
Ziegen auf. Von solchen darf keine Nachzucht gezogen werden. Die
Milch hornloser Ziegen soll überdies weniger streng schmecen. Übri—
gens läßt sich durch geeignete Fütterung und Pflege eine rein—
schmeckende Milch erhalten.
Sorgt für einen guten Stall, für gute Haut- und Euterpflege
durch tägliches Putzen und Abwaschen des Euters vor dem Melken,
wenn das Euter beschmutzt ist. Wenn ihr dann noch für reine frische
Stallluft und besonders, wenn es angeht, für Weidegang sorgen wollt
und gutes, gesundes Futter gebt, so stehe ich euch dafür ein, daß die
Milch keinen Nebengeschmack hat. Als Kaffeemilch wird sie sehr ge—
schätzt, und wenn Brüstkranke eine Milchkur durchmachen wollen, so