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Aus der Mbeitsstätte des Kohlenbergmanns.
einen Ehrenplatz neben, ja über dem Golde und dem Diamanten.
Es ist wahr, ein Kilogramm pures Gold ist hundertmal mehr wert
als eine Tonne oder 20 Ctr. Steinkohle, aber der Wert der jähr—
lichen irdischen Goldausbeute wird durch denjenigen der Steinkohlen—
gewinnung mehr als achtmal, der Gesamtwert aller anderen Metalle
vom Silber bis zum Eisen aber wird von der Kohlenförderung
um ein Viertel oder um eine Milliarde etwa übertroffen. Ist es
noch im mindesten zweifelhaft, daß die Kohle das weitaus wich—
tigste Produkt des Bergbaus ist, und daß wir ihr mit
Recht den ersten Platz im Bergwerksbetriebe einräumen? An
Alter freilich steht der Kohlenbergbau gegen die Gewinnung
des Goldes, des Eisens und der meisten anderen Metalle weit
zurück. Wie lange schon in China die Steinkohle benutzt worden
ist, bevor wir auch nur den eisernen Pflug zu schmieden wußten, entzieht
sich allerdings unserem Wissen. Die alten Kulturvölker des Occidents
werden, wie jeden anderen nützlichen Fund, so auch die Steinkohle,
nicht gerade verschmäht haben, wenn sie sich ihnen in den zu Tage
tretenden Enden hochstreichender Flötze bot. In England wenigstens
haben sich die Römer ihrer in Einzelfällen bedient, aber den Bergbau
darauf haben sie nicht betrieben. Das Holz schien ihnen, wie allen
anderen Völkern des Altertums und des Mittelalters, offenbar ein
bequemeres Brennmaterial. In Deutschland und Belgien begann die
Steinkohlenförderung im 11. bis 12. Jahrhundert, aber 200 bis 300
Jahre weiter zurück läßt sie sich in England verfolgen, wo schon im
12. Jahrhundert die strengsten Verbote des neuen „luftverpestenden“
Brennstoffs nicht mehr vermochten, den der Industrie unentbehrlich
gewordenen „schwarzen Diamanten“ in den Schoß der Erde zurück—
zudrängen, dem er entstiegen war. — Im Wurmgebiet läßt sich die
bergmännische Gewinnung der Steinkohle im Interesse der alten Abtei
Klosterrath schon für das Jahr 1118 feststellen, und in Belgien feierte
man im Jahre 1898, um drei Jahre verspätet allerdings, das 700—
jährige Jubiläum der Steinkohle, die bis 1195 in Lüttich ein unbe—
kanntes Ding war. In diesem Jahre erschien nämlich, wie eine alte
Chronik erzählt, einem armen Hufschmied Namens Hullas bei seiner
Arbeit ein uralter Greis in weißer Gewandung, der ihm die Weisung
gab, auf dem Mönchsberge nach brüchigen Stücken einer festen schwarzen
Erde zu suchen und sie für das Schmiedefeuer zu verwenden, da sie
besser als die Holzkohlen des Meilers sei. Erst 1228 begann indessen
im Lütticher Becken der bergmännische Betrieb auf Steinkohle.
2. Wir werden die technischen Geheimnisse einer Kohlengrube
nicht besser ergründen können, als durch den persönlichen Besuch eines
jener Labyrinthe, die sich oft in vielen Etagen übereinander und in