Full text: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

Aus der Arbeitsstätte des Kohlenbergmanns. 
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kilometerweit verzweigten Gängen unter der Erde erstrecken. Wir 
können dabei nur gewinnen, wenn wir uns nicht sofort auf ein mit 
allen denkbaren Fortschritten der Neuzeit ausgestattetes Riesenbergwerk 
stürzen, sondern ein solches wählen, das unter den einfachsten Ver— 
hältnissen und mit den gewöhnlichsten Mitteln betrieben wird. Also 
hinab in das dunkle, enge Loch, durch dessen Schlund uns der kleine 
Tragkorb an seinem schwankenden Seile mit jeder Minute um 100 
bis 150 m vom Tageslichte entfernt. Wohl giebt es heute raschere 
und bequemere Einfahrten in den großen Bergwerken, aber das Fahren 
auf oder in der Tonne ist doch noch in Hunderten von Gruben im 
Gebrauch. Vom unteren Ende des Schachtes, vom Füllorte, ist bis 
zu den Arbeits- oder Abbauorten ein Weg von mehr als einer deut— 
schen Viertelmeile zurückzulegen, nicht etwa weil die Grube schon alt 
ind bis in den Umkreis abgebaut ist, sondern weil im Gegenteil die 
Bearbeitung der Sohle, auf der wir uns befinden, erst begonnen hat. 
Es sind verhältnismäßig schmale Flötze, zwischen 2 und 5 Fuß Dicke, 
die hier ausgebeutet werden, und niedrig, nur in gebückter Stellung 
zu passieren ist auch der lange, durch Zimmerungen gegen Einsturz 
gesicherte Stollen, der uns zum Arbeitsorte an der Feldgrenze führt. 
Hhier nämlich, dicht am Ende des nutzbaren Flötzes, beginnt der Kohlen⸗ 
bergmann zu arbeiten, von hier aus löst er die Steinkohle aus den 
sie einschließenden Gesteinen mit Haue und Brechstange oder mit 
Bohrer und Pulver, und hinter sich läßzt er mit dem Fortschritt der 
Arbeit die abgebauten Lager zusammensinken oder „zu Bruche gehen“. 
Aber so weit sind wir noch nicht, vorerst gilt es noch, in gebückter 
Stellung den feuchten, schlüpfrigen Weg zwischen den Balken der 
Zimmerung und der niedrigen Decke im matten Schein der Laterne 
zu verfolgen, bis wir vor „Ort“ gelangen. Da macht den Besucher 
ein fernes unterirdisch klingendes Rollen und Dröhnen aufmerksam. 
Bald verstärkt es sich, und in der Ferne vor uns taucht ein Licht auf. 
Lautes Gerassel, gellende Warnungsrufe, wir drücken uns an die 
Wand und, getrieben von ihrem eigenen Gewicht, saust eine Reihe 
schwerbeladener eiserner Kohlenhunde vorüber. Von Zeit zu Zeit 
passieren wir Seitenstollen, zum Teil ist ihr Eingang frei, zum Teil 
durch schwere Sackleinenthüren verschlossen, die auch uns den Weg zu⸗ 
weilen versperren. Durch dieses Mittel wird die von gewaltigen 
Ventilatoren in die Grube gepreßte Luft gezwungen, in einer bestimm— 
ten und keiner anderen Richtung die Stollen zu durchziehen. Schwere 
Wagen, durch schwitzende, fauchende Ponnies gezogen, rollen hier und 
da aus einem der Seitengänge hervor. Es sind Strecken von be— 
deutender Ausdehnung, die in horizontaler oder ansteigender Richtung 
liegen, und wo Menschenkraft für die Kohlenförderung zu teuer wer—
	        
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