Vom Feldbau.
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Gedanke kommen, es sei besser, den Getreidebau daran zu geben. Wer
so denkt, übersieht eins. Überall da, wo man Stallfütterung treibt,
ist auch Stallmistbereitung nötig. Und dazu ist das Stroh ebenso—
wenig entbehrlich wie im Hause das Brot. Das sieht man erst ein,
wenn das Stroh fehlt. Und wenn wir auch all unser Brotkorn vom
Auslande beziehen könnten: den Getreidebau dürften wir darum nicht
aufgeben, schon des Strohes wegen, das wir durch ihn gewinnen.
Denn wir haben eher einen Mangel als einen Überfluß an Stroh
in unserer Wirtschaft. Der Landwirt muß vielmehr darauf bedacht
sein, den Ertrag seiner Felder durch vernünftige Bewirtschaftung
zu steigern, so sehr es geht. Zudem hat die Konkurrenz doch auch ihr
Gutes. Sie hält den Preis der notwendigsten Nahrungsmittel auf
mäßiger Höhe und beugt der Hungersnot vor. Der Handelsverkehr
schafft den Überfluß, der irgendwo vorhanden ist, sofort dahin, wo
Mangel herrscht, sei es durch Mißwachs, sei es durch Zunahme der
Bevölkerung.
Auch der Staat hat ein Interesse daran, daß der Bauer am Ge—
treidebau festhält. Ein Land muß sich seine wichtigsten Lebensmittel
selbst erzeugen können, ohne auf die Gnade des Auslandes angewiesen
zu sein. Das ist besonders wichtig in Zeiten der Not und Gefahr,
wenn feindliche Nachbarn die Kriegsfackel ins Land schleudern. Kommt
einmal für den Landmann die böse Zeit, daß der Getreidebau gar nicht
mehr lohnt, dann tritt der Staat daher auch für den Bauern ein und
hilft ihm die schlimme Zeit überstehen. Nur darf der Bauersmann
nicht alles von der Regierung verlangen und selbst die Hände in den
Schoß legen. Selbst ist der Mann. Es giebt noch gar viel in der
eigenen Wirtschaft zu verbessern. Geschieht das, dann ist schon ein gut
Teil der Not überstanden.
2. a) Unsere Halmfrüchte sind sämtlich einjährige Gewächse
und werden als Sommer- und Winterfrucht gebaut. Alle Winter—
früchte werden im Herbste gesät, müssen also Winterkälte ertragen
können, sie bilden vollkommenere, schwerere Körner mit lohnenderem
Ertrage. Überhaupt spricht das Klima das erste Wort beim Anbau
der Getreidearten mit. Wir können in Deutschland keinen Reis bauen,
weil die Sonne bei uns nicht so heiß glüht wie in Indien. Der Mais
gelangt in Norddeutschland nicht mehr zur Reife, ihm fehlt hier die
nötige Wärme. In Süddeutschland, besonders im badischen Rheinthal
und im Elsaß, genügt ihm das Klima. Aber er gedeiht auch dort nicht
mit der Freudigkeit wie in Italien oder Spanien oder im heißen Afrika.
Hirse kommt hier schon eher fort; aber man muß ihr einen Standort
anweisen, wo die Sonnenstrahlen den Boden stark erhitzen. Am besten
paßt für unser Klima der Roggen, und darin mag es zum Teil be—
gründet sein, daß Germanen und Slaven Schwarzbrot genießen, welches
Franzosen und Engländer nicht mögen, ebensowenig wie es der Italiener
schmackhaft findet. Diese Völker ziehen als Brotfrucht den Weizen vor,
dessen Änbau in Norddeutschland weniger sicher ist wie derjenige des
Roggens. Es ist eine bekannte Sache, daß der Weizen leichter aus—
Gehrig, Helmkampf u. Krausbauer, Lesebuch B. 156
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