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II. Der Landwirt in Familie und Besitztum
3. Eines schönen Tages schwankt über dem Sparrenwerke des Daches,
das sauber und glänzend sich vom blauen Himmel abhebt, ein schmuckes
Tannenbäumchen, mit bunten Bändern geschmückt, auch wohl eine kunstreich
gebildete, mit Grün und Blumen umwundene Krone auf einer Stange.
Das Richtfest mit Festschmuck und mit Richt- oder Zimmerspruch wird
gefeiert.
Der Bau schreitet seiner Vollendung näher; er leidet kein Säumen
in der Arbeit. Noch herrscht schönes Wetter; aber eine vielleicht lange
Regenzen sieht in Aussicht. Eilen wir, unsern Bau geschlossen zu be—
ommen! Der Dachdecker besteigt das Sparrenwerk und tut flink und
froh das Seine. — Der Klempner bringt rings ums Gesims die Dachrinne
an, und mit dem Abfallrohr ist dem Regenwasser, wenn es nun kommt,
der Weg fort vom Hause gewiesen. Unter dem Schutze des neuen Daches
werden jetzt auch gleich die Gewölbe-Arbeiten am Keller ausgeführt, deren
frische Oberfläche nicht vom Regen ausgewaschen werden darf, wenn sie
nicht einstürzen sollen.
4. Gönnen wir dem Neubaue nun einige Zeit Ruhe zum Austrocknen
und zum „Setzen“; dann aber geht's frisch wieder an die Arbeit. Ist
das Mauerwerk genügend ausgetrocknet, so beginnen die Putzarbeiten im
Innern.
Ist der Verputz ausgetrocknet, so beginnen die Tischler ihre Tätig—
keit imn Neubaue. Die Fenster werden eingesetzt und verglast. Nun ist das
Haus gegen die unmittelbaren Witterungseinflüsse geschůtzt. Die Fußbbden
werden jetzt gelegt. Dann kommen die Türen, die Brüstungsbekleidungen,
Holztäfelungen u. dgl. an die Reihe. Die Fußleisten schließen diese Arbeiten
b. Der Schlosser schlägt Schlösser und Riegel an. Die Treppen werden
angebracht. Die Maler auf leichtem Gerüste streichen die Decken, schmücken
sie auch wohl kunstvoll mit Farben, streichen und malen. Haben die
Maler, die nicht im Rufe großer Sauberkeit stehen, ihr Werk vollendet,
so hobeln die Schreiner die Fußbbden nach. Der Tapezierer überkleidet
noch die Wände mit Tapeten. Eines schönen Tages hält dann die glück—
liche Jamilie einen fröhlichen Einzug in das neue Heim.
Nach „Spemanns Schatzkästlein“.
Schmück innen deine Zimmer aus, daß sich daran dein Aug' erquicke!
Laß außen ungeschmückt dein Haus, daß es nicht reize Feindesblicke!
Fr. Rüclkert.
Schmücke dein Heiml!
51. Der Pilger.
I. In einem schönen Schlosse, von dem schon längst kein
gtein mehr auf dem andern ist, lebte einst ein reicher Ritterx.
Er verwandte sehr viel Geld darauf, sein Schlob recht prächtig
auszuzieren. Den Armen aber tat er wenig Gutes. Da kam
un einmal ein armer Pilger in das Schloß und bat um Nacht-
herberge. Der Ritter wies ihn mit rauhen Worten ab und sprach:
„Dieses Schloß ist kein Gasthaus.“