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Das einzige NMittel, dieses Ziel zu erreichen, war die Selbst-
bildung, und dieses wendete der junge Nathusius in solcher
Ausdehnung und mit so rastloser Tatkraft an, dab wir uns nicht
darüber wundern dürfen, wenn wir ihm später im Mittelpunkte
einer riesenhaften geschäftlichen Wirksamkeit begegnen. Zu arm,
um sich teuere Bücher anschaffen zu können, sah er jedes bedruckte,
zum Verpacken benutzte Papier, das ihm im Laden in die Hände
fiel, genau dureh, und wenn er etwas darin fand, was auf Handel
und Industrie Bezug hatte, so legte er es auf die Seite, um es in
der Frühe des nächsten Morgens oder am Abend nach Scehlub
der Geschäftszeit oder in der freien Zeit des künftigen Sonntags
mit Aufmerksamkeit zu betrachten. So fand er u. a. mehrere
Bogen der „Allgemeinen deutschen Bibliothek“, welehe Aus-
züge aus einigen kaufmännischen Schriften enthielten. Diese
durehlas er wiederholt mit gröbßter Sorgfalt, und nun ging ihm
eine ganz neue Welt der Anschauung auf über das, was zu den
Erfordernissen eines wahrhaft gebildeten Geschäftsmannes gehöre,
der im Welthandel eine hervorragende Rolle spielen will sSein
Lerneifer ward durch diese Erweiterung seines geistigen Horizonts
zur Begeisterung angefacht. Um seinem Wissensdrange Genüge
tun zu können, darbte er sieh die Dreier, welehe er zum
EPrũübstũuceke erhielt, am Munde ab und kaufte sich dafür Bücher
bei einem Antiquar. Auf dieseem Wege lernte er nach und nach
Gottscheds deutsche Sprachlehre, Mays Handelswissenschaft, sowie
die trefflichen Schriften von Büseh über den Handel und des be-
rühmten Engländers Adam Smith volkswirtschaftliches Werk:
„Natur und Ursachen des Nationalreichtums“ Kennen, welches er so
oft las, dab er es zuletzt fast auswendig wubte; daneben erquickten
ihn die Schriften des liebenswürdigen Gellert. Zugleich erwarb
er sich, ohne einen anderen Lehrer zu haben als sich selbst, gründ-
liche Kenntnisse im kaufmännischen Rechnen, in der Buchführung,
Wechsel- und Münzkunde und ähnlichen Wissenszweigen. Bald
jedoch erkannte sein praktischer Sinn, dab alles Lernen Halbheit
gei, wenn nieht Lekre und Ubung in beständige und engste
Wecehselbeziehung zueinander treten Darum übte er sieh fleibig
in der Abfassung kaufmännischer Aufsätze, arbeitete sich in einen
erdichteten Geschäftsgang ein, eröffnete mit den verschiedenen
Geschãftsfreunden desselben einen förmlichen Briefwechsel, buchte
alle erdichteten Geschaftsvorfũlle und brachte so einen viele hundert
Bogen umfassenden Briefwechsel, ein sich darauf beziehendes
Journal (Tagebueh) und ein Hauptbueh zustande. Diese Be-
schaftigung trieb er so still für sieh, dab kein Menseh etwas davon
erfuhr. Solbst solebe Dinge, die scheinbar weitab lagen von dem,
was dem Kaufmanne zu vissen nötig ist, zog er mit Hugem
Bedacht in das Reich seiner Studien; dazu gebörten die Natur-
wissensehaften und innerhalb dieser wiederum namentlieh die
0Ohemie.