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181. Die Milchfrau.
Nachlässig aufgeschürzt, zwo Gürtel um den Leib,
auf leichten Füßen ging ein artig Bauernweib
früh nach der Stadt und trug auf ihrem Kopfe
hier Stubchen süße Milch in einem großen Topfe.
Sie ef und wollte gern „Kauft Milch!“ am ersten schrein;
denn, dachte sie bei sich, die erste Milch ist teuer.
Ich nehme heut', will's Gott, zwölf bare Groschen ein
Und kaufe mir dafür ein halbes Hundert Eier,
die bringt mein einzig Huhn mir dann auf einmal aus.
Gras stehet rund herum um unser kleines Haus;
da werden sie sich schon im Grünen selbst ernähren,
die kleinen Küchelchen, die meine Stimme hören.
Und ganz gewiß, der Fuchs muß mir sehr listig sein,
läͤßt er mir nicht so viel, daß ich ein kleines Schwein,
nur eins zum wenigsten, dafuͤr ertauschen kann.
Wenn ich mich etwä schon darauf im Geiste freue,
so denk ich nuͤr dabei an meinen lieben Mann.
Zu mästen kostet es ja nur ein wenig Kleie.
Ift es dann sett gemacht, dann kauf ich eine Kuh
n unsern kleinen Stall, auch wohl ein Kalb dazu.
Das will ich allemal selbst vor den Hirten bringen,
wie fröhlich wird es dann um seine Mutter springen!
„Heil!“ sagt sie und springt auch. Und von dem Kopfe fällt
der mu Milch herab, und ach! ihr bares Geld,
ihr Kalb und ihre Kuͤh, Glück, Reichtum und Vergnügen
sieht sie nun vor sich da in kleinen Scherben liegen.
Belrübt steht sie dabei, schielt sie barmherzig an:
Die schöne weiße Milch sagt sie, „auf schwarzer Erde!“
weint laut und seht nach Haus, erzaͤhlt es ihrem Mann,
der ihr entgegenkommt, mit zitternder Geberde.
Was sagte er dazu? Erst sah er ernsthaft aus,
ls waͤr er bös auf sie, ging schweigend in das Haus,
kehrt' aber um und ; Schatz, bau' ein andermal
nicht Schlösser in die Luft! Man bauet din Qual.
Am Wagen, welcher läuft, dreht sich so schnell kein Rad,
als sie verschwinden in den Wind.
Wir haben aͤlles Glück, das unser Junker hat,
wenn wir zufrieden sind.“
182. Das Nittagsessen im Lotf.
Man klagt häufig darüber, wie schwer und unmõglich es
sei, mit manchen Menschen auszukommen. Das mag denn