Full text: Deutsches Lesebuch für Vor- und Unterklassen höherer Lehranstalten (Teil 2, [Schülerband])

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48. Der Herbst auf Reisen. 
Schon steigt der Herbst frisch von den Bergen nieder. 
Und wie er wandert durch den grünen Wald, 
gefällt's ihm nicht, daß überall das Laub 
dieselbe Farbe hat; er sagt: „Viel hübscher 
ist's rot und gelb; das sieht sich lustig an." 
So spricht er, und gleich färbt der Wald sich bunt. 
Und wie der Herbst drauf durch den Garten geht 
und durch den Weinberg, spricht er: „Was ist das? 
Der Sommer tat so groß mit seiner Hitze, 
und Wein und Obst hat er nicht reif gemacht? 
Schon gut, so zeig' ich. daß ich's auch versteh'!" 
Und kaum gesagt, so haucht er Wein lind Obst 
mit seinem Atem an und — siehe da! — 
die Äpfel und die Pflaumen und die Trauben, 
zusehends reifen sie voll Duft und Saft. 
Drauf kommt der Herbst zur Stadt und sieht die Knaben 
in ihrer Schule sitzen voller Fleiß. 
Da ruft er ihnen zu: „Grüß' Gott, ihr Buben! 
Heut' ist Sankt Michaelis Tag, da gibt 
es lange Ferien. Kommt zu mir aufs Land, 
ich hab' dem Wald sein Laub schön bunt geblasen, 
ich hab' dem Apfel rot gefärbt die Backen, 
ich will euch klar und blank die Augen wehen, 
und eure Backen will ich tüchtig bräunen, 
wie sich's für Jungen schickt. Versteht ihr mich?" — 
So spricht der Herbst, und jubelnd ziehn die Knaben 
auf seinen Ruf durch Berg und Wald und Feld 
und kehren heim mit neuer Lust zur Arbeit. Reimck. 
49. Herbsllied. 
Der Sommer flieht, 
und mit ihm zieht 
ein Chor von sauften Freuden. 
Wie blumeuleer 
ist's um mich her, 
wie schmucklos Tal und Weiden. 
Der süße Schall 
der Nachtigall 
ist längst im Hain erstorben, 
und Baum und Strauch 
scheint durch den Hauch 
des kalten Nords verdorben. 
Oeorg-Gckert-Instftut 
für Internationale 
Schulbuchs orschung 
Braunschweig 
Schuibuchbibliothek
	        
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