4. Mariechen und die Sonne.
Es war einmal ein liebes, kleines Mädchen, das Ma—
riechen hieß. Alle Morgen, wenn Mariechen aufstand,
lief sie ans Fenster und nickte der Sonne zu; der war
sie gar zu gut, weil sie so hell und warm war. Oft
streckte sie die Arme nach ihr aus, wie nach ihrem
Mütterchen, und freute sich und sagte: „Ei, meine aller—
liebste, schöne Sonne!“
Eines Tages aber wachte das kleine Mädchen auf;
o, da war es ganz dunkel, so dunkel, daß sie die
Strümpfe nicht finden kKonnte. „Wo ist meine Sonne,“
fragte sie traurig, „meine helle Sonne?“ Aber selbst
der Fritz, der sonst so klug war und alles wußte, konnte
es ihr nicht sagen.
Da zog sie die neuen Schuhe an und die Jacke mit
den blanken Knöpfen und ging die Sonne suchen.
An der Hhaustür traf sie den Regen. „Guten Tag, Plansch⸗
peter,“ sagte das Kind, „hast du meine Sonne nicht
gesehen?“ — ‚„Caß doch, plinsche, plansche, laß doch,“
meinte der Regen. „Warte man, du Grisegrau,“
schmollte Mariechen, „warte man,“ und sie spannte den
Regenschirm auf.
Da kam ihr der Wind entgegen. „Ach, Wind, du kommst
so weit her, weißt du nicht, wo meine goldene Sonne
heute bleibt?“ — „heule, hule, heule,“ machte der
Wind. „Aber das ist doch keine ordentliche Antwort,“
sagte das Kind und verzog den Mund. Doch der
Wind ließ sie stehen und sauste vorüber. „Wie grob
der Wind ist,“ dachte Mariechen ärgerlich und ging
weiter. Über ihr jagten große, schwarze Wolken. „Ech,
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