Ls geht uns täglich schlimmer,
bei uns heißt's: „Duld' und schweig!"
Lin armer Zpatz kommt nimmer
aus einen grünen Zweig.
63. Vom Sockel.
Julius Sturm.
sieh, keinen Tropfen Wasser schluckt das Huhn,
ohn' einen Blick zum Himmel aufzutun;
und ohn' zuvor anbetend sich zum Staube
geneigt zu haben, pickt kein Korn die Taube.
Was sie bewußtlos tun, tu du's bewußt,
daß du vor ihnen dich nicht schämen mußt.
Der Haushahn, der Herr des Hofes und Beherrscher des zahlreichen
Hühuervolks, ist ganz Würde und Vornehmheit und bewahrt stets einen
edeln Anstand. Wie herausfordernd und selbstbewußt klingt sein schmettern¬
der Ruf, wenn er vom erhabnen Sitze herab die Häupter seiner Lieben
und seinen ganzen Hofstaat überblickt; dann trompetet er flügelschlagend:
„Luter rieke Lüt", d. h. „lauter reiche Leut'" in die Welt hinein; hat
ihm aber das Schlachtmesser eine seiner schönsten Hennen geraubt, oder
setzt ihn schlechtes Wetter und Mangel an Unterhalt für seine Familie
in Traurigkeit, dann ruft er betrübt: „Et sieht trurig ut", d. h. „es
sieht traurig aus"; fängt es aber gar zu regnen an, so flüstert er wehe¬
klagend: „O grote Not", d. h. „o große Not!"
Der Hahn ist gar ein getreuer Mann,
der Haus und Hof bewachen kann.
Wenn alles noch in den Federn liegt,
er schon aus seiner Stiege fliegt
und guckt sich um nach rechts und links,
besieht die ganze Gegend rings,
ob nicht der Wächter schläft vielleicht,
ob Sultan nicht vom Posten schleicht,
und findet er, daß alles recht,
so weckt er Kutscher, Magd und Knecht —
kikeriki! B. E. Herrmaiin.
64-. Frühlingsfreiben.
aum ist der Frühling da, kaum hat seiner Sohle Spitze die
Erde berührt, so tanzt ihm schon der kleine, kegelförmige Kreisel
entgegen — er muß wohl, das Peitschchen spielt ihm auf.