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mehrmals am Tage, da der Labmagen des Kalbes nicht mehr als 1 Liter
fassen kann, die anderen Magenabteilungen noch nicht entwickelt sind. In der
dritten und vierten Lebenswoche darf man dem Kalbe bereits die Hälfte der
süßen Milch vorenthalten und ihm dafür Leinsamenschleim, Hafersuppen u. dgl.
als Ersatz geben, namentlich muß man diese Zusätze machen, wenn man dann
süße abgerahmte Milch (Zentrifugenmilch) füttert. Überhaupt ist der Hafer
im ersten Lebensjahr für unsere jungen Haustiere das beste Futter, weil er
leicht verdaulich ist, viel knochenbildende Bestandteile, viel Eiweiß und Fett
enthält. Im ersten Lebensjahr wollen die jungen Tiere am stärksten wachsen,
darum muß der Landwirt — auch bei seinem jungen Rindvieh, nicht bloß
bei Fohlen — das Wachstum durch Haferfütterung neben zartem, gutem
Heu (aber nicht Kleeheu, das blähend wirkt) befördern.
Im zweiten Lebensjahre braucht die Fütterung für Fohlen, Rinder,
Lämmer nicht mehr so kräftig zu sein; im Sommer sei Weidegang, im Winter
Heu, Wurzelwerk, Olkuchen das Hauptfutter. Das Körnerfutler ist dann bei
Fohlen und Rindern nicht mehr rentabel; nur bei sehr edlen Pferden, die
dem Landwirt einen hohen Preis einbringen, dürfte sich auch im zweiten
Lebensjahr Körnerfutter (Hafer, Pferdebohnen usw.) bezahlt machen. Auch
hat man beobachtet, daß Landwirte, die an starkes Füttern ihres gesamten
Viehstandes gewöhnt sind, aus ihrem jungen Rindvieh, wenn sie ihm zu viel
Körner-⸗ und Olkuchenfutter reichen und dadurch seine Entwicklung sehr be—
fördern wollen, ihren Stall mehr mit Mast- statt mit Milchvieh füllen.
Dr. V. Nunk.
X. Zreunde und Feinde des Landwirks in der Tierwelk.
117. Ursachen des Ungezieferfraßes und die insektenfressenden
Vögel.
a) Unsere von Jahr zu Jahr gesteigerte Boden- und Pflanzen—
kultur bereitet dem Ungeziefer die günstigsten Daseinsbedingungen.
Sie lockert den Boden, erhöht dessen Fruchtbarkeit und schafft üppigen, starken
Pflanzenwuchs. Die Larven und Maden gedeihen in solchem Boden am
besten und finden in ihm die reichlichste Nahrung; das Geziefer auf den
Zweigen, Blättern und Blüten, in den Samen mehrt sich just in demselben
Maße, als diese ihre Nahrungsstoffe mehren.
b) Die Insektenfresser verschwinden mehr und mehr, weil sie auf
dem Kulturboden zu sehr beunruhigt werden, keine Schlupfwinkel, keinen
Schutz gegen ihre Verfolger, keine Sicherheit und Bequemlichkeit für ihre
Brut finden. Wo sind die zahlreichen Feldhölzer, Hecken, wilden Gestrüppe,
Gebüsche und die alten, hohlen und doch buschig belaubten Bäume geblieben,
seit unsere Landwirtschaft gezwungen ist, jeden Schritt ertragsfähigen Boden
zu benutzen und aufs höchste auszunutzen? Mit diesen dem heutigen Land—
wirt verhaßten Büschen, Hecken und Bäumen sind die unschätzbarsten, uner—