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verbrannt. Da löste der Vater von einem Steine eine kleine Tafel Moos
ab und legte sie dem Sohne auf die Finger; sogleich verspürte dieser durch
den Verband Linderung; denn die Moosdecke war kühl und feucht. Nach—
dem die Schmerzen etwas nachgelassen hatten, fragte Franz, wie das Moos auf
dem Steine wachsen könne. „Das will ich dir erklären,“ erwiderte der Vater.
a) Die Bedeutung der Flechten im Hhaushalte der VNatur.
Es gibt Pflanzengebilde die ihre Nahrung meist aus der Luft nehmen.
Zu diesen gehören auch die Flechten. Du hast schon solche, z. B. die, welche
kleine Schüsseln bilden, von den Bäumen unseres Obstgartens abgelöst. Diese
Flechten siedeln sich überall an, insbesondere aber auf Bäumen und Steinen,
welche den rauhen Winden ausgesetzt sind. Die Winde führen eine Menge
bon Staubteilchen mit sich, die auf dem Steine haften bleiben, und diese
Staubschicht genügt, um den Flechten, die sich durch Sporen (nicht durch
Samen, wie die vollkommeneren Gewächse) fortpflanzen, die erste Nahrung zu
geben. Jahr um Jahr sterben nun die Flechten ab, und neue bauen sich auf
den verwesenden Schichten der illen an. Jede folgende kann schon besser
gedeihen, da die dochergehenden ebenfalls schon Nahrung bieten.
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b) Die Arbeit der Moose.
Ist eine dichte Lage von Flechten gebildet, dann kommen die Moose.
Auch diese vermehren sich durch Sporen, welche der Wind zu Millionen
überall hinträgt. Die Würzelchen der Moose durchdringen, nach Nahrung
suchend, die von den Flechten erzeugte Schicht, bilden auf dem Steine eine
Art Filz und halten und schützen einander so, daß keins mehr verloren geht.
Die Würzelchen dringen aͤber auch in die feinsten Risse der Ge⸗—⸗
steine ein und klammern sich dort fest. Jede Feuchtigkeit, sei es Dunst,
Tau oder Regen, wird von dieser Moosdecke begierig aufgenommen und fest—
gehalten; denn die Sonnenstrahlen können den dielen krummen Wegen dieser
Pflanzengebilde nicht folgen.
Die zersetzende Kraft des Wassers.
Kommt endlich der Winter, so hilft auch der Frost mit, den Wurzeln
der Moose neue Wege zu bahnen. Das im Sommer und Herbst aufge⸗
sogene Wasser gefriert nämlich, das sich bildende Eis nimmt einen größeren
Raum ein und erweitert die feinen Risse des Gesteines, so daß die neuen
Wurzeln wieder mehr Platz haben und tiefer in den Stein eindringen können.
d) Bildung der humusschichten.
Die Moosdecke auf dem Steine wird allmählich stärker. Jetzt finden
aber auch schon andere Pflanzen in derselben einen geeigneten Standort für
ihre Wurzeln. Waldgras ind Erdbeeren finden sich ein; eine kleine Tanne
drängt sich aus dem Gemenge der Pflanzen hervor und breitet ihre Mte
schützend aus, so daß auch noch andere Gewächse sich ansiedeln können. Diese
dringen nun kräftiger in die Fugen des Gesteines ein, ziehen aus den tieferen
Schichten jene Stoffe herauf, die sie zu ihrem Aufbaue brauchen, und
sind dankbar dafür, indem sie mit ihrem abfallenden Laube die Oberfläche
des Bodens düngen.