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waren nicht minder gewaltsam als in allen Staaten Europas, wo diese
neue Form des Regiments damals sich festsetzte; er schnitt in die alten
Rechte der Provinzen, der ständischen Körperschaften, in die Begünsti—
gungen des Adels nicht weniger scharf ein als die gleichzeitigen Könige
im Norden oder Richelien in Frankreich; aber die unbedingte Gewalt,
die er sich schuf, ward trotz aller einzelnen Härten eine Wohltat für
die Gesamtheit. Sie wälzte die Last der Adelsherrschaft ab, beseitigte
die störenden Sonderinteressen und hob die Arbeitskraft und das Selbst—
gefühl des Bürgers und des Bauern, auf deren Wohlfahrt der neue
Staat fortan ruhte. So legte Friedrich Wilhelm den Grund zu einer
staatlichen Größe, die das erste Beispiel dieser Art war, schuf das Heer,
ordnete den Staatshaushalt, hob den Anbau des Landes, förderte Ge—
werbe und Handel und pflegte Wissenschaft und Kunst in einer eigen—
tümlichen deutschen Richtung, während fast überall sonst das Volkstüm—
liche vor dem Fremden weichen mußte.
Während das Reich seinem gänzlichen Verfall entgegen ging und
die nur noch scheinbare Einheit des Reichs sich völlig auflöste, gedieh
in diesem jungen Staat alles, was von gesundem, deutschem Stoff vor—
handen war, zur trefflichsten Entfaltung. Hier ward ein tief zerrüttetes
Land durch ein weises und kraftvolles Regiment dem Elend entrissen,
die schlummernde Kraft der Bevölkerung geweckt, hier ward deutscher
bürgerlicher Fleiß und Wohlstand gepflegt, hier der deutschen Kultur
ein weites, zum Teil noch ungebautes Gebiet erobert. In einem Augen
blick, wo Ostreich und das Deutsche Reich dem Übergreifen des französi—
schen Einflusses ruhig zusahen, griff Friedrich Wilhelm zu den Waffen,
und so klein seine Macht noch war, Deutschland hatte doch wieder einen
Fürsten aufzuweisen, der sich bei den Garanten des Westfälischen Friedens
Achtung zu verschaffen wußte. In Zeiten, wo die alte Handels. und
Seemacht Deutschlands verloren war, suchte er die Gunst der Lage
Preußens an der See rührig zu benutzen, um den Grund zu einer
Flotte zu legen, die Anfänge einer Kolonialmacht zu schaffen und auf
der Ostsee sein Übergewicht unter den nordischen Mächten zu begründen.
Friedrich Wilhelm erhob sich zuerst wieder — und zwar in Zeiten, wo
Ludwigs XIV. Macht noch ungebrochen war — zu dem kühnen Ge—
danken, die Fremden vom deutschen Boden zu vertreiben; er folgte dabei
zunächst seinem eignen brandenburgischen Interesse, allein es war dies
doch zugleich die wichtigste Aufgabe einer deutschen nationalen Politik,
die er mit einem Glanz wie keiner seiner deutschen Zeitgenossen auf—
genommen hat.
Erfüllte Friedrich Wilhelm in dieser Haltung nach außen seine
deutsche Fürstenpflicht gewissenhafter und ehrenvoller als irgend ein
Reichsstand oder der Kaiser selbst, so ist doch in der Art, wie er die
Dinge anschaut und seine eigne Stellung beurteilt, eine bemerkenswerte
Veränderung gegen die frühere Zeit eingetreten. Nicht sowohl als