Metadata: Mittlere und neuere Geschichte (Teil 2)

§ 74. Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst. 127 
gewachsen, zum Separatfrieden von Vossem gezwungen. Bald 
darauf aber griff er wieder in den Kampf ein und wurde als des 
Kaisers Bundesgenosse Ludwigs gefährlichster Gegner. Dieser aber 
rief gegen ihn die Schweden auf, welche alsbald in sein Land ein¬ 
fielen. Friedrich Wilhelm mußte den Kriegsschauplatz am Rhein 
verlassen. Schnell und unerwartet langte er in der Mark an 
(Dersflinger) uud schlug die Schweden in der Schlacht bei 
Fehrbellin 1675 vollständig aufs Haupt. Ja, er nahm ihnen 1675 
fogar Vorpommern. Aber dieser Erfolg wurde ihm dadurch ver¬ 
kümmert, daß der Kaiser und Holland ihn im Stich ließen und 
mit Ludwig Friedeu schlossen. Friedrich Wilhelm mußte in dem 
Frieden zu St. Germain eit Laye 1679 auf alle Errungen- 1679 
schäften verzichten (vgl. § 66). 
Für die Hebung des innern Zustandes seiner Länder 
entwickelte der Kurfürst eine umfangreiche und allseitige Thätigkeit. 
Zunächst schlug er jedwede Opposition der Stände nieder und schuf 
sich die Uuumschräuktheit der Gewalt, welche er zur Durchführung 
seiner Reformen bedurfte. Die Vorbedingung für jedes Wachstum 
des Staates sah der große Kurfürst in der Stärke und Schlag¬ 
fertigkeit des Heeres. Er richtete daher auf dieses, unterstützt 
von den Feldmarschällen Dersflinger und Sparr, sein Haupt¬ 
augenmerk (Größe des stehenden Heeres bei seinem Tode 28000 Mann). 
Sodann suchte der Kurfürst durch Hebung der Industrie die schweren 
Wunden zu heilen, welche der dreißigjährige Krieg seinem Lande 
geschlagen. Zu diesem Ende öffnete er sein Land den franzö¬ 
sischen Protestanten, welche nach der Aufhebung des Edikts 
von Nantes ihr ^ Vaterland verlassen mußten. Etwa 20 000 an 
der Zahl sind diese gewerbfleißigen Bürger von der höchsten Be¬ 
deutung für die Marken geworden. Um den Handel zu fördern, 
wurden große Kanalbauten unternommen (Friedrich - Wilhelms- 
Kanal), ja selbst deu überseeischen Handel suchte der Große Kurfürst 
wenn auch mit geringem Erfolge, zu beleben (die afrikanische Gesell- 
®mben; Koloniengründungen an der afrikanischen Küste). 
Für die Wissenschaften, deren große Bedeutung der selbst hoch* 
^bildete Fürst wohl erkannte, that er viel; in Duisburg gründete 
ra f t eme Universität. - In religiöser Beziehung war der 
^oße Kurfürst duldsam. Gleichwohl verfocht er eifrig die Sache 
Protestantismus und besonders der reformierten Kirche. Doch 
war er der Orthodoxie abhold, wie sein Verhalten gegenüber Paul
	        
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