16
N
Erster Teil. In Hhaus und hof.
So entstandene Rentengüter sind dem Anerbenrechte unter—
worfen*). hierdurch hat man den Bestand der neugegründeten
Bauernstellen gesichert. Die früheren Erfahrungen bei der Zer—
stücklung von Domänen, namentlich in Pommern, die nach kurzer
ßZeit von großen Grundbesitzern aufgesogen oder von Spekulanten
zerschlagen wurden, machten ein solches Vorgehen unerläßlich. (Um
sich einen dauernden Einfluß auf die gegründeten Rentengüter zu
sichern, schließt die Ansiedlungskommission in Posen 1/10 der Rente
von der Ablösbarkeit vertragsmäßig aus. Die übrigen 90 kann der
Ansiedler zu jeder Zeit abstoßen, während der Staat auf sein Kündi—
gungsrecht auf 50 Jahre verzichtet.) Ein hauptzweck des Rentenguts—
gesetzes war, der Ansiedlung auf öden Ländereien in Form von
Moorkolonien als Grundlage zu dienen und die Umwandlung von
großen Gütern in bäuerliche CLandgemeinden zu ermöglichen.
Prof. Dr. Conrad, Volkswirtschaftspolitik.
10. Die Bedeutung und Durchführung des Anerbenrechts.
1. Wo der mittlere und kleinere landwirtschaftliche Besitz nach
der Erfahrung eines besonderen Schutzes bedarf, wird eine wirksame
Stütze in dem sogenannten Anerbenrecht zu finden sein. Das
Wesentliche hierbei ist folgendes: In dem Fall, daß beim Tode des
Eigentümers keine letztwillige Verfügung über das Grundstück ge—
troffen ist (im sogenannten „Intestat“ erbfalle), wird das Bauerngut
in einer bestimmten Reihenfolge den Erben nach dem Alter zur über—
nahme angeboten. Den übernehmern werden gewisse Vorzugsrechte
eingeräumt. Der Besitzer behält bei Lebzeiten das ungeschmälerte
Verfügungsrecht über seine Scholle. Bei seinem Tode sind ferner Mit—
erben nicht überhaupt von der Erbschaft ausgeschlossen, sondern ihnen
ist nur eine mäßige Beschränkung auferlegt, die notwendig erscheint,
um dem übernehmer die Erhaltung des Besitzes zu erleichtern, ja
vielfach erst zu ermöglichen.
abhängig zu machen. Nur die Beschränkung war noch aufgenommen, daß eine
höhere Ablösungssumme als der 26 fache Betrag der Rente von dem die Ab—
lösung beantragenden Berechtigten nicht gefordert werden dürfe. Diese Be—
stimmung ist auch zum Schutze der Rentenpflichtigen in das Rentengutsgesetz
pon 1890 mit aufgenommen. hervorgehoben muß hier werden, daß das Verbot
der früheren Gesetze, andere Lasten als Geldrenten Grundstücken aufzuerlegen,
unberührt bestehen blieb. Damit ist also die Einbürgerung alter Feudallasten
nach wie vor ausgeschlossen. Weitere Eigentümlichkeiten des Gesetzes gehen
dahin, daß in dem Vertrage die Veräußerung von Teilen oder „erstücklung
des Ganzen und Zusammenlegung mit anderen Grundstücken von der Zu—
stimmung des Rentenberechtigten abhängig gemacht werden kann. Diese Be—
stimmungen sind aber nicht unbedingte. Im Falle sie der Entwicklung der
vpolkswirtschaftlichen Verhältnisse nicht entsprechen, können sie im Wege der
richterlichen Entscheidung der Auseinandersetzungsbehörde auf Antrag des Ver—
pflichteten aufgehoben werden.
*) Vgl. das besondere Lesestück Ur. 10. Auch die nach dem Ansiedlungs—
gesetz gegründeten Güter unterliegen seit 1896 dem Anerbenrecht.