Full text: [Teil 1, [Schülerband]] (Teil 1, [Schülerband])

224 
Bild machen, um so weniger, da im letzten Jahrzehnt wesentliche Ver— 
schiebungen gegen die früher geltenden Verhältnisse eingetreten find. 
Den wichtigsten Grundstock des ganzen deutschen Handels bildet die 
eigentliche Industrie. Schon die unentbehrliche Helferin aller Industrie, die 
Steinkohle, ist für uns ein wichtiger Ausfuhrgegeüstand, indem wir an unsere 
Nachbarländer, Niederlande, Belgien, Frankreich, Schweiz und Osterreich— 
Ungarn, dem Wexte nach doppelt soviel liefern, als wir von England (da— 
neben auch aus Osterreich-Ungarn und Belgien) beziehen (133,5 Millionen 
Mark gegen 65,5 Millionen Mark). Doch stehen wir Ofterreich-Ungarn gegen⸗ 
über in Beziehung auf Brennstoffe zurück. Denn an Braunkohle, für die 
jener Staat unsere einzige auswärtige Quelle ist, und Steinkohle geht mehr 
von Osterreich nach Deutschland, als umgekehrt. Weil aber unsere Kohlenlager, 
deren gesamter Vorrat von einer Seite auf 112 Milliarden Tonnen geschätzt 
wird, sich hauptsächlich auf vier Gebiete erstrecken, das Saarbecken, das 
Aachener Becken, das Ruhrbecken und den oberschlesischen Bezirk, so unterliegt 
die Kohle auch für den Binnenverkehr einer ausgedehnten Verfrachtung. 
Süddeutschland wird von Saar und Ruhr versorgt; in Berlin treffen sich 
rheinische und schlesische Kohle in hartem Wettbewerbskampfe, und beide 
kämpfen verzweifelt gegen den übermäßigen Wettbewerb der englischen Kohle 
in unseren Hafenstädten; selbst die Vereinigten Staaten von Nordamerika 
schicken sich erst in der letzten Zeit an, Kohle nach Deutschland zu liefern. 
Wenn nun auch die Förderung der Kohle in Deutschland neunmal soviel 
Hände beschäftigt wie die Förderung der Eisenerze, und wenn auch die so 
erzielten unmittelbaren Werte sich wie 12: 1 verhaͤlten, so ist doch die wirt— 
schaftliche Bedeutung des Eisens ungleich größer. Die Anzahl der mit der 
Herstellung von Eisen und Stahl beschäftigten Arbeiter ist fast das Sechs— 
fache von der in den Bergwerken Beschäftigten, und die Verarbeitung nimmt, 
ganz abgesehen vom Maschinenbau, über 2 Million Menschen in Änspruch. 
Deutschland besitzt nicht einmal Erze genug, um seinen Bedarf zu befriedigen. 
Zwar führt es der Menge nach mehr Eisenerze aus, als es von draußen 
bezieht, doch hat die Einfuhr fast den neunfachen Wert der Ausfuhr. Was 
Deutschland an Maschinen und Eisen in allen Stufen der Bearbeitung aus— 
führt, ist über 5 seiner Gesamtausfuhr. Es gibt fast kein Land auf der Erde, 
wohin nicht deutsche Eisenwaren gingen; selbst England nimmt 30 Millionen 
Mark Eisen und Eisenwaren aller Ärt von uns auf, während es etwa das 
/ fache zurückschickt, der beste Beweis dafür, daß wir hier eine große Selb— 
ständigkeit errungen haben. 
Alle übrigen Metalle haben bei weitem nicht eine ähnliche Bedeutung 
auf dem Weltmarkte, ganz besonders aber nicht für Deutschland, da es in 
dieser Richtung ein armes Land ist. Mag auch das eine oder andere Metall 
örtlich bedeutend auftreten, andere Staaten liefern immer ungemein viel 
größere Mengen. Beachtenswert ist nur das Zink, das hauptsächlich in 
Schlesien sowie bei Aachen gewonnen wird, weil Deutschland nächst Belgien 
dem Weltmarkte die größten Mengen liefert, auf dem europäischen Markte 
aber andere als belgische und deutsche Marken kaum in Betracht kommen. 
Keine Industrie aber kann sich an wirtschaftlicher und Handelsbedeutung 
mit der Gewebeindustrie messen. Leider muß Deutschland eine solche Menge 
von Rohstoffen hierzu im Auslande kaufen, daß deren Wert bedeutend höher 
ist als der sämtlicher Erzeugnisse, die zur Ausfuhr gelangen. Macht doch 
die Einfuhr an Gespinstfasern über 1085 unseres gesamten Einfuhrwertes 
aus. Die weniger entwickelten Staaten, zumal Südamerika. Südafrika und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.