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oder berufsmäßig, als Gemeindebeamte, tätig sind. Die städtische Beamten—
schaft kann zu einem kleinen Heere anwachsen. Um so notwendiger ist dann
auch, daß sie gegliedert, geleitet und beaufsichtigt wird. Sie braucht mit
technischen und Verwaltungskenntnissen ausgerüstete Ober- und Unterbeamte,
sie braucht vor allem einen obersten Leiter an der Spitze, den Bürgermeister,
Gemeindevorsteher, Schultheiß oder wie sonst seine Name sein mag.
In den überaus mannigfaltig gestalteten deutschen Gemeindegrundsätzen
Städte- und Gemeindeordnüngen, Ortsstatüten) pflegt genau bestimmt zu
sein, was der Bürgermeister allein anorduen darf, und waänn er an die Zu⸗
stimmung einer anderen Körperschaft gebunden ist. Der Bürgermeister ist
deshalb überall mindestens mit einer folchen Körperschaft, Kollégium (Ge—
meinderat, Gemeindeausschuß), umgeben. Er ist Vorsitzender dieser Körper—
schaft, er beruft sie zu regelmäßigen Versammlungen ein, wo jedes Mitglied
Sitz und Stimme hat, wo über alles, was zum Besten der Gemeinde ge—
schehen soll, beraten und schließlich nach Stimmenmehrheit entschieden wird.
Bei kleineren, namentlich bei den ländlichen Gemeinden, genügt ein solches
Kollegium.“) In den größeren Stadtgemeinden pflegen es zwei Behörden
zu sein. Die eine, der Magisträͤt, Stadtrat, bildet dann gewissermaßen die
Stadtregierung mit dem Bürgermeister als Vorsitzenden an seiner Spitze.
Die Stadtverordneten, Bürgervorsteher, Gemeindebevollmächtigten, Bürger—
oder Gemeindeausschußmitglieder vertreten dagegen die gesamte Bürgerschaft.
Beide Behörden müssen, nach Mehrheitsbeschlüfsen, nicht bloß in sich, sondern
auch eine mit der anderen einig sein, wenn eine für die Stadt wichtige An—
gelegenheit erledigt werden soll.
Wenn z. B. der Bürgermeister die Stadt mit einer Wasserleitung zu ver—
sehen wünscht, weil es an gutem Trinkwasser mangelt, so wird er wohl zu—
nächst den Gedanken mit seinen technischen Beamten für Tief- und Hochbau,
d. h. für Bauten unter und über der Erdoberfläche, besprechen, vielleicht auch
mit auswärtigen erfahrenen Kennern. Er wird mit den Grundbesitzern ver—
handeln, in deren Gebiet die Quellen liegen. Er läßt einen Plan entwerfen,
eine möglichst genaue Kostenberechnung aufstellen und bringt die Sache im
Magistrat zur Sprache. Findet der Gedanke bereits im Stadtrate keine
Mehrheit, so bleibt er eben nur Gedanke. Ist der Rat aber damit ein—
verstanden, so kommt die „Vorlage“ nun an die Stadtverordneten. Diese
verlangen wahrscheinlich noch eine Reihe von Aufklärungen, die ihnen münd—
lich oder schriftlich vom Rate gegeben werden. Sie setzen, da es sich um
eine wichtige und kostspielige Frage handelt, einen Ausschuß, eine Kommissiön
oder Deputation aus ihrer Mitte nieder, die die Sache eingehend prüft und
dann der Stadtverordnetenversammlung, dem Plenum, Bericht erstattet.
Schließlich nehmen die Stadtverordneten, wenn auch mit Änderungen, Er—
weiterungen, Beschränkungen oder Bedingungen, die Vorlage an. Ist der
Rat mit der so „amendierten“ (verbesserten) Vorlage in ihrer letzten Gestalt ein—
verstanden, so beginnt ermit der Ausführung, ohne daß die Stadtverordneten weiter
daran mitwirken, indem er das Werk entweder selbst, in eigener „Regie“ (pr.
Reschie), herstellt, oder es im ganzen oder im einzelnen an Privatunternehmer
vergibt und, wenn alles beendet ist, darüber den Stadtverordneten Rechnung legt.
Der Gemeinde gehören alle Einwohner, d. h. alle Personen an, die
ihren Wohnsitz darin haben, gleichviel ob sie mit Grundbesitz angesessen sind
oder nicht. Zur Teilnahme an den Gemeindeangelegenheiten, usbesondere
) Im Rheinland gibt es noch andere, auf französischen Einflüssen beruhende Zustände.