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worden sind, sich als ergiebig erweisen, so könnte das vielgeschmähte Land
einst ein wertvoller Besitz für Deutschland werden.
Ein weiteres deutsches Schutzgebiet ist Kamerun, am Meerbusen von
Guinea, wo die Hamburger Firmen C. Woermann, Jantzen und Thormälen
von den einheimischen „Königen“ Hoheitsrechte erlangt hatten und wo die
deutsche Flagge am 14. Juli 1884 gehißt worden ist. Zu diesen ersten
Erwerbungen kamen bald noch weitere trotz des feindlichen Verhaltens der in
der Biafra-⸗Bai ansässigen Engländer und eines in ihrem Auftrage reisenden
Polen. Die Größe dieser Kolonie wird auf 460 Quadratmeilen mit 500000
Seelen geschätzt, und ihre Entwicklung gilt als eine zufriedenstellende. Deutscher
Fleiß, deutsche Ausdauer und Beharrlichkeit werden es fertig bringen, dem
Boden seine Schätze abzuzwingen und die Einwohner für die Kultur zu ge—
winnen. Deutsche Missionare predigen den dortigen Heiden das Christentum,
und deutsche Lehrer find bemüht, die kleinen Schwarzen in die Geheimnisse
des Lesens, Schreibens und Rechnens einzuweihen. Weiter ist zu erwähnen
Togoland an der Sklavenküste, wo Hamburger und Bremer Kaufleute
Handelsniederlassungen gegründet haben. Auch hier haben englische Quer—
treibereien die deutsche Sache zu stören versucht und in Klein-Povo kamen
Streitigkeiten vor, die aber durch entschiedenes Auftreten der deutschen Korvette
„Sophia“ rasch zu Ende geführt wurden. Nachdem die Grenzregulierung mit
Frankreich zur Zufriedenheit geordnet war, wurde auch dieses Gebiet unter
deutschen Schutz gestellt und ein deutscher Regierungskommissär ernannt, der
in Bageida seinen Wohnsitz hat. Das Togogebiet umfaßt etwa 23 Quadrat—
meilen mit 40000 Einw., und der Handel scheint daselbst einer blühenden
Zukunft entgegenzugehen. Von besonderer Wichtigkeit scheinen die deutschen
Schutzgebiete in Ostafrika zu sein. Das Verdienst, hier für Deutschland
festen Fuß gefaßt zu haben, gebührt der Gesellschaft für deutsche
Kolonisation in Berlin. Von der Ansicht ausgehend, daß nur ein
frisches Wagen und schnelles Wollen und Handeln uns noch Kolonieen in
größerem Umfang verschaffen könnten, ging Ende September 1884 ganz ge—
heimnisvoll eine Gesellschaft nach Sansibar, nicht ohne vorher ganz falsche
Nachrichten über das Ziel ihrer Reise durch die Zeitungen verbreitet zu
haben. In Sansibar angekommen erreichten sie in Eilmärschen das Hochland
bon Usagara, woselbst sie mit zehn Häuptlingen (hier meistens Sultane ge—
nannt) Verträge abschlossen, wonach diese ihre Hoheitsrechte an die „Gesell—
schaft für deutsche Kolonisation“ abtraten. Das so erworbene Gebiet um—
faßte etwa 2500 Quadratmeilen. Unter Zurücklassung seiner beiden Begleiter
reiste Dr. Peters nach Deutschland zurück, um einen kaiserlichen Schutzbrief
zu erwirken, was ihm auch in kurzer Zeit gelang. Inzwischen war der
bekannte Afrikareisende Gerhardt Rohlfs über Kapstadt als deutscher General⸗
konsul nach Sansibar gereist und hatte dem Sultan daselbst von den deutschen
Erwerbungen Mitteilung gemacht. Obgleich anfangs freundlich und entgegen⸗
kommend, wurde derselbe infolge englischer Aufhetzungen zurückhaltender und
trat später geradezu feindselig auf. Rohlfs sandte deshalb die Korvette
„Gneifenau“ nach Sidney, um einige der dort stationierten Kriegsschiffe nach
Östafrika zu beordern. Diese Abreise der Korvette benutzte der Sultan, um