Full text: [Band 1 = 2. Schuljahr, [Schülerband]] (Band 1 = 2. Schuljahr, [Schülerband])

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257. Der Zaunkönig und der Adler. 
Runkwitz. 
1. Die Vögel wollten einmal einen König wählen. Sie hielten 
deshalb in einem Eichenwalde einen stattlichen Reichstag. Da waren 
sie alle zugegen, von dem Adler an bis zum Goldhähnchen, und 
schrien, pfiffen, sangen, schnatterfen und schwatzten vom Morgen 
bis zum Abend, wer unter ihnen König werden sollte. Sie wurden 
aber lange nicht einig. Endlich, nachdem sie sich müde geschrieen 
hatten, kamen sie miteinander überein, daß derjenige unter ihnen 
Kõnig sein sollte, der sich am höchsten in die Lüfte zu schwingen 
vermöchte. 
2. Es wurde nun ein Tag zu dem Wettfliegen festgesetzt, und 
zur bestimmten Stunde erhob sich der ganze Haufe in die Luft. 
Einer suchte es dem andern zuvorzutun. Weil es aber fast keinem 
Zweifel unterlag, daß der Adler den Sieg davontragen und Rönig 
werden würde, so gedachte ihn der Zaunkönig mit einer List zu 
überholen. Was tat erꝰ Er versteckte sich in die dichte Feder- 
bekleidung an des Adlers Beinen, ohne dab derselbe es merkte. 
So lieb er sich in die Lüfte mit hinauftragen. Als der Adler nun meinte, 
er habe den Sieg und sei König, flog der Zaunkönig zwischen seinen 
Beinen hervor und über ihn hinaus, so daß alle Vögel ihn als ihren 
König anerkennen mubten. 
3. Weil er aber eine so kleine Gestalt hatte, wurde er von allen 
Vögeln verfolgt und geneckt, so dab sich der kleine König zuletzt 
in die Zäune, Hecken und Holzstöbe verkriechen mußte, um nur 
kuhe zu haben. Dort treibt er denn sein Wesen bis auf den 
heutigen Tag. 
258. Der Zaunkönig und der Bär. 
Brüder Grimm. 
Zur Sommerszeit gingen einmal der Bär und der Wolf im Walde 
spazieren. Da hörte der Bär so schönen Gesang von einem Vogel und 
sprach: „Bruder Wolf, was ist das für ein Vogel, der so schön singt?“ 
„Das ist der König der Vögel,“ sagte der Wolf, „vor dem müssen wir 
uns neigen.“ Es war aber der Zaunkönig. „Wenn das ist,“ sagte der 
Bär, „so möcht' ich auch gern seinen königlichen Palast sehen; komm 
und führe mich hin.“ „Das geht nicht so, wie du meinst,“ sprach der Wolf, 
„du mußt warten, bis die Frau Königin kommt.“ Bald darauf kam
	        
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