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Erschrocken sprang die Feldmaus in einen andern
Winkel. Da hing an einem kleinen Häkchen ein Stück¬
chen gebratener Speck, der roch sehr einladend.
„Halt!“ rief wieder die Stadtmaus, „komm dem Speck
nicht zu nahe, das ist eine Falle! Wenn man nur ein
klein bißchen daran trifft, fällt sie zu und schlägt uns
mausetot.“
„Das ist ja entsetzlich,“ sagte das braune Mäuschen;
„sind denn alle diese schönen Gerichte Gift und Fallen?“
„Bewahre,“ tröstete die Stadtmaus; „komm, wir wollen
von dieser süßen Milch trinken, die ist nicht vergiftet!“
Kaum hatten die Mäuschen den Rand der glatten
Schüssel mit Mühe erklettert und den ersten Tropfen
Milch geleckt, so flog die Tür des Gewölbes auf, und die
Köchin kam herein, einen großen Besen in der Hand.
„Sind denn die gefräßigen Mäuse schon wieder da?“
rief sie und schlug mit dem Besen nach ihnen. Die Stadt-
maus huschte schnell in ihr Loch; aber die arme Feld¬
maus wußte nicht wohin und rannte im ganzen Gewölbe
herum, die Köchin mit dem Besen hinterdrein.
Endlich fand sie einen Winkel hinter dem Olfaß, da
drückte sie sich hinein und konnte vor Angst kaum atmen.
„Wartet nur, dem Ding soll ein Ende gemacht
werden,“ rief die Köchin und warf die Tür hinter sich zu.
Jetzt kroch die Stadtmaus behutsam aus ihrem Loche
und sagte zu ihrem Gaste: „Komm, nun wollen wir aber
eine gute Mahlzeit halten; denn die Köchin kommt nun
sobald nicht wieder!“
Zitternd kam das Feldmäuschen hinter dem Fasse
hervor, und sie kletterten alle beide nach der fetten
Blutwurst hinauf.
Aber noch waren sie nicht auf dem halben Wege,
da ging wieder leise die Tür auf, und eine große, graue
Katze sprang herein.