Full text: [Schuljahr 4, [Schülerband]] (Schuljahr 4, [Schülerband])

137 
Dann mußte er die Schiffe und Nachen treiben, daß sie mit 
stolz geblähten Segeln wie riesengroße Schwäne durch die Fluten 
glitten, und wenn er leise durch die Wipfel der Bäume strich, 
klang es wie Gesang. 
„Nun haltet euch fest," sagte der Wind zu Sepp und Gertl; 
„denn jetzt geht es nach oben!" Damit stürmte er gen Himmel, 
daß den beiden Kindern fast der Atem verging. Dort oben se¬ 
gelten in der klaren, blauen Lust vereinzelte Wölkchen dahin. 
Der Wind sammelte sie und trieb sie vor sich her, immer weiter 
und weiter. Wo ihnen ein Wölkchen begegnete, wurde es auf¬ 
genommen, bis schließlich eine riesengroße, dunkle Wolkenwand 
am Himmel stand. 
„Nun paßt auf!" sagte der Wind. „Dort unten auf der 
Erde ist es glühendheiß. Seht ihr, wie die Blumen halbver- 
ichmachtet ihre Köpfchen neigen, wie die Bäume das Laub 
senken? Menschen und Tiere mögen sich nicht bewegen; denn es 
hat tagelang nicht geregnet. Alles ist dem Verdorren nahe, und 
schlechte Dünste haben sich gesammelt. Dann schickt der liebe 
Gott den Wind und das Gewitter, damit sie die Luft reinigen." 
Der Wind nahm alle Kraft zusammen und blies gegen die 
Wolkenwand, daß sie pfeilschnell am Himmel heraufzog; dann 
stürmte er zur Erde und schüttelte die Bäume, als wenn sie zer¬ 
brechen sollten. Er wühlte den Staub auf, daß er wie eine große 
Wolke emporstieg, und daß es dunkel wurde, als sei es Abend. Ängst¬ 
lich verbargen sich alle Tiere, und die Menschen eilten in die 
Häuser. Dann fuhren zackige Blitze mit grellem, blendendem Glanz 
durch die Wolken, und der Donner krachte betäubend. Nun 
i^gte der Wind wieder empor, riß und zerrte am Gewölk, bis 
Ströme von Regen hinabstürzten und die Erde erquickten. 
„So, nun ist alles erfrischt!" sagte der Wind imd trieb die 
Wolken fort, daß sie noch anderswo Segen brächten. Und er 
hatte recht. Die Bäume, die Sträucher und das Gras sahen 
uoch einmal so grün aus; aller Staub war verschwunden, und 
Menschen und Tiere atmeten mit Wonne die reine Lust. Die Vögel 
kamen aus ihren Verstecken und sangen ein fröhliches Lied. Überall, 
an jedem Blatt, an jeder Blume und an allen Halmen hingen noch 
Regentropfen; die glänzten in der Sonne wie tausend Diamanten.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.