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den er etwa hegte, auszusprcchen, keinen weiteren Gebrauch machte, so
schloß der König die Unterredung; und mit einem Händedruck Abschied
nehmend, schritt er zur Thüre, während der Kaiser ihm folgte.
Im Borgemach befand sich noch der Kronprinz. Während der König
auf dem Balkon zur Freitreppe vorausging, wandte sich der Kaiser mit
absichtlichem Eifer an den Kronprinzen. Und, langsam folgend, sprach der
Kaiser dem Kronprinzen seine Rührung über des Königs einnehmende
Güte und Milde aus. „Ich kann nicht genug Dankes sagen für die Ent¬
äußerung aller Macht und Strenge, für die Theilnahme, welche Seine
Majestät meinem Schicksal unverdient zuwendet."
Der König wartete auf der untersten Stufe der Treppe auf beide.
Als hier nochmals Abschied genommen wurde, standen Thränen in den
Augen des Kaisers, die er schnell durch das Taschentuch zu verbergen suchte.
König und Kronprinz aber stiegen wieder zu Pferde und ritten des Weges
zurück. Werner Hahn.
58. Am 3. September 1870.
1.
UN laßt die Glocken
f;-:f von Thurm zu Thurm
^ durchs Land frohlocken
" im Jubelsturm!
Des Flammenstoßes
Geleucht' facht an!
Der Herr hat Großes
an uns gethan.
Ehre sei Gott in der Höhe!
4.
Drei Tage brüllte
die Völkerschlacht;
ihr Blutrauch hüllte
die Sonn' in Nacht;
drei Tage rauschte
der Würfel Fall,
und bangend lauschte
der Erdenball.
Furchtbar dräuete der Erbfeind.
2.
Es zog von Westen
der Unhold aus,
sein Reich zu festen
in Sturm und Graus.
Mit allen Mächten
der Höll' im Bund,
die Welt zu knechten,
das schwur sein Mund.
Furchtbar dräuete der Erbfeind.
3.
Vom Rhein gefahren
kam fromm und stark
mit Deutschlands Scharen
der Held der Mark.
Die Banner flogen,
und über ihm
in Wolken zogen
die Cherubim.
Ehre sei Gott iu der Höhe!
5.
Da hub die Wage
des Weltgerichts
am dritten Tage
der Herr des Lichts
und warf den Drachen
vom güldenen Stuhl
mit Donnerkrachen
hinab zum Pfuhl.
Ehre sei Gott in der Höhe!
6.
Nun bebt vor Gottes
und Deutschlands Schwert
die Stadt des Spottes,
der Blutschuld Herd.
Ihr Blendwerk lodert
wie bald zu Staub,
und heimgcfordert
wird all' ihr Raub.
Nimmermehr droht uns der Erbfeind.
Drum laßt die Glocken
von Thurm zu Thurm
durchs Land frohlocken
im Jubelsturm!
Des Flammenstoßcs
Geleucht' facht an!
Der Herr hat Großes
an uns gethan.
Ehre sei Gott in der Höhe!
Geibel.