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einzustreuen, Freude hineinzuleiten in die Krankenstuben und Leidens—
wochen, in Spitäler und Asyle, — in der Kunst, dem Volke alkohol⸗
freie Freuden zu bereiten, was noch wichtiger ist als alkoholfreie Ge—
tränke; denn der ungestillte Freudendurst, der Durst der Seele, treibt
dem Alkohol mehr Opfer zu als der Durst der Kehle.
Wahrlich, solche Erfindungen wären noch segensreicher für die
Menschheit als viele technische. Und auf diesem Gebiete kann jeder
ein Erfindergenie sein. Er wird es, sobald er einmal herzhaft den
Schritt gewagt hat heraus aus dem Bannkreis des Egoismus, sobald
er sich gewöhnt hat, nicht nur an sich sondern auch an andere und
dann mehr an andere als an sich selbst zu denken. Er braucht dazu
gar nicht reich und gelehrt zu sein; er muß nur eines sein: wahrhaft
und von Herzen gütig. Diese Gütigkeit und das herzliche Verlangen
andere zu erfreuen, gibt schon seinem Antlitz eine gewisse Verklärung,
seinem Auge einen milden Glanz, seinem Worte einen Wohlklang, so
daß er wirklich Freude bringt, wohin er kommt.
Dr. P. W. v. Keppler, „Mehr Freude.“
155. Wenn du noch eine Heimat hast.
1. Wenn du noch eine Heimat hast,
So nimm den Ranzen und den Stecken
Und wandre, vandre ohne Rast,
Bis du erreicht den teuren Plecken.
2. Und strecken nur zwei Arme sich
In freud'ger Sehnsueht dir entgegen,
Fliebt eine Dräne nur um dich,
Spricht dir ein einz'ger Mund den Segen —
3. Ob du ein Bettler, du bist reich,
Ob krank dein Herz, dein Mut beklommen.
Gesunden wirst du alsogleich,
Hörst du das sübe Wort: VWillkommen!
4. Und ist verweht aueb jede Spur,
Zeigt nichts sich deinem Bliek, dem nassen,
Als grün berast ein Hügel nur
Von allem, was du einst verlassen —
5. O, nirgends weint es sich so gut,
Wie weit dich deine Fübe tragen,
Als da, wo still ein Herze ruht,
Das einstons warm für dich geschlagen.
Alb. Trũuger.