Full text: Lesebuch für unterfränkische Sonntagsschulen

396 
— 
daß religiöses Gefühl meinen Sohn durchlebe, wie das Blut den 
Körper, so jenes die Seele. Gottesfurcht, mehr noch Gottesliebe fühle 
er; Liebe ist das Höchste. Deutsch soll Max werden, ein 
Bayer, aber deutsch vorzüglich, nie Bayer zum Nachteil 
der Deutschen. Wie die Briten sind wir Deutsche und mehr noch 
ein Volk, obgleich unter mehreren Fürsten. Was mein Sohn ver— 
spricht, das halte er; er ist zu gewöhnen nicht leichtsinnig zu ver⸗ 
sprechen. Zuverlässigkeit ist eines jeden Menschen, vorzüglich aber 
eines Fürsten Haupteigenschaft. Zutrauen macht stärker noch als 
heere, aber es muß verdient werden. Abneigung flößen Sie meinem 
Sohne gegen Frankreich, Deutschlands Erbfeind, und gegen das 
französische Wesen, unser Verderben, ein. Wie kann ein Deutscher 
Frankreichs Freund sein, so lange es wenigstens Elsaß noch, von 
Deutschland abgerissen, unterworfen behält, von Deutschland, zu dem 
es gehört und durch Sprache und Cage immer gehören soll! Mensch 
im höheren Sinne des Wortes muß mein Sohn werden, Mensch und 
Christ (der veredelte, zur Vollkommheit strebende Mensch ist Christ), 
er achte die Menschheit und liebe die Menschen; Achtung gegen das 
Alter, Anhänglichkeit an das Alte, wenn es nicht schädlich ist, werde 
ihm eingepflanzt . . . . Gegen Selbstsucht, die Pest unserer Zeit, ist 
sehr bei Max zu arbeiten. Gehorsam gegen den KRönig, gleichviel 
wer die Würde bekleidet, ist ihm einzuprägen, Gehorsam, Verehrung 
und Liebe gegen seine Eltern. Das fehlte nie und wird nie fehlen, 
daß sich Ceute zwischen den regierenden Vater und den thronerbenden 
Sohn zu stellen trachten; darum kann das herzliche, innige Band 
zwischen beiden nicht fest genug geschlungen werden, nie des Sohnes 
Unhänglichkeit dem Vater zu viel sein. Vorlesungen sind über diese 
Gegenstände nicht zu halten, aber im täglichen Leben, bei den so oft 
sich ergebenden Gelegenheiten dazu ist ihm dies so einzuprägen, daß es 
zu seinem eigenen Gefühle, seiner eigenen Denkweise werde. Darauf 
werde gehalten, daß mein Sohn sich wirklich beschäftige, seine ganze 
Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand anhaltend richten lerne. Auf 
Wahrheit werde unerbittlich strenge gehalten. Die Sinne, Ohr und 
Augen, vornehmlich letztere, sollen auf Spaziergängen gleichmäßig, 
doch nur so, daß es meinem Sohne Freude gewährt, geübt werden usw. 
Wann mein Sohn Griechisch und Catein, wann Englisch beginnen 
soll, wie überhaupt, was andere Unterrichtsgegenstände betrifft, werde 
ich künftig bestimmen, der ich meine Zufriedenheit mit Ihnen wieder— 
holt bezeuge und meine Freude Mac Iver gefunden zu haben. 
Cudwig J. von Bayern.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.