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Mißgunst und Rachsucht aus dem menschlichen Leben nicht ausgeschaltet,
noch ist das Mittel nicht gefunden die Völker der Welt zu friedlichem
Wettbewerb für ewige Zeiten zu zwingen und deshalb bedürfen wir
einer mächtigen Flotte, die unsere Grenzen, unseren Handel, unsere Kolonien
schützt, bedürfen wir eines großen, starken, wohlgerüsteten Heeres. Nicht
unerhebliche Opfer werden hierdurch dem deutschen Volke auferlegt, aber
sie sind notwendig und sie können und müssen ebenso gern und bereit—
willig getragen werden wie jene Riesensummen, die Deutschland in der
sozialen Fürsorge für die Arbeiterschaft aufwendet. Die Last für Heer
und Flotte ist nichts anderes als die Versicherungsprämie, die ein sorg—
samer Hausvater zur Sicherung seiner und seiner Familie Zukunft leistet.
Die Zwangsversicherung, die hier das deutsche Volk zu tragen hat, mag
sie auch kostspielig erscheinen, ist nicht zu teuer bezahlt; gilt es doch durch
Heer und Flotte den Bestand und die Grenzen des Vaterlandes, das
Leben jedes einzelnen im Volke, das wirtschaftliche Leben und die Wohl—
fahrt der ganzen Nation dauernd zu garantieren. Und so freuen wir uns
und fühlen uns stolz in Deutschlands Heer und Flotte das wichtigste
Schutzmittel für Deutschlands Größe zu besitzen und hoffen wir, daß Re—
gierung und Volk einiggehen in der Überzeugung von der Votwendigkeit
eines stetigen Ausbaues, einer stetigen Vervollkommnung der Armee, zu
der wir vertrauen, daß sie im vollen Bewußtsein ihrer hohen Aufgabe,
das Höchste schützen und sichern zu müssen, jederzeit bereit und gerüstet
sein werde mit gleicher Begeisterung und Tapferkeit wie die berühmten
Helden der Kriege von 1815 und 1870 für Fürst und Volk und Vater—
land in den Kampf zu ziehen.
Unser allgeliebter Prinzregent, Seine Königliche Hoheit Prinz
Cuitpold, einer der wenigen noch lebenden Zeugen der Kaiserproklamation
zu Versailles, hat heute seinem Volke, ich darf wohl sagen dem ganzen
deutschen Volke, ein leuchtendes Beispiel gegeben von der hohen Ein—
schätzung des morgigen Gedenktages, indem Seine Königliche Hoheit
wenige Wochen vor seinem 90. Geburtsfeste, gerade am Vorabend des
40. Geburtstages des Deutschen Reiches den Staatssekretären der vier
wichtigsten Reichsämter des Reiches höchste bayerische Ordensauszeich—
nungen übermitteln zu lassen die Gnade hatte. Wir dürfen in dieser
seltenen und in der Wahl des Tages so bedeutungsvollen allerhöchsten
Auszeichnung leitender Staatsmänner des Reiches eine hoch patriotische
und zugleich hochpolitische Kundgebung unseres ehrwürdigen Regenten
erblicken, ein lautsprechendes Zeugnis nie wankender Bundestreue, das
Baxerns Herrscher für sich und sein Volk der ganzen Welt ablegte.
Dafür sei unserem erhabenen Regenten, dem für das Wohl seines
Landes und seines Volkes unermüdlich besorgten Fürsten, tiefempfun—
dener Dank gesagt.
Wir aber, die wir uns zur heutigen Gedenkfeier vereinigt haben,
wollen in dieser Feierstunde das Gelöbnis erneuern, daß wir, solange