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Wendung des Kriegslaufs erdacht hatte, scheiterte: Der General
Bourbaki sollte gegen Südosten vorrücken, das Heer Werders
vernichten, Belfort entsetzen und durch einen Einfall in Süd-
deutschend das deutsche Belagerungsheer von Paris abziehen.
Aber Bourbaki wurde bei Belfort geschlagen; sein Heer ging
auf das neutrale Gebiet der Schweiz über und wurde daselbst
entwaffnet.
Inzwischen war vor Paris inmitten des Kriegslaufes als
herrlichste Frucht des ganzen Feldzugs die Einheit des deutschen
Vaterlandes vollendet worden. Die süddeutschen Staaten be-
schlössen unter Vorantritt Bayerns die Vereinigung mit dem Nord-
deutschen Bunde. Auf Antrag des Königs Ludwigs II. von
Bayern boten sämtliche deutschen Fürsten und die drei freien
Städte dem König Wilhelm I. die erbliche deutsche Kaiserkrone
an. Am 18. Januar 1871 fand in Versailles (!) die feierliche
Verkündigung des Kaisertums statt.
264. Über vier Monate trotzte Paris der Belagerung. Als aber
zuletzt die deutschen Geschütze Teile der inneren Stadt in Brand
setzten, und als die Lebensmittel auf die Neige gingen, schritt man
zu Unterhandlungen wegen der Übergabe; am 28. Januar 1871
kapitulierte Paris.
Damit war der Widerstand Frankreichs gebrochen. In Versailles
wurden die Friedensunterhandlungen zwischen Bismarck
und Thiers geführt. Dieselben bestimmten: Frankreich tritt Elsaß
(außer Belfort) und Deutsch-Lothringen an das Deutsche Reich ab.
Frankreich zahlt eine Kriegskostenentschädigung von 5000 Millionen
Franken.
Am 1. März marschierte ein Teil der deutschen Truppen durch
den Triumphbogen der Champs Elysees in Paris ein.
Auf Grund jener Bestimmungen kam am 10. Mai 1871 der
Friede zu Frankfurt a. Main zustande.
265. Der deutsche Eiuheits- und Kaisertraum war erfüllt. Nach
langen Zeiten der Erniedrigung, des vergeblichen Hoffens und
Strebens war das deutsche Kaisertum in Macht und Ansehen
wiedererstanden.
Am 21. März 1871 trat der erste Reichstag des neuen
deutschen Reiches zusammen. Der König von Preußen ist als
deutscher Kaiser das Oberhaupt des Bundes. Die (25) Regierungen
werden vertreten durch den Bundesrat. Elsaß-Lothringen ist un-