Full text: Lehr- und Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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Aburteilung zuzulassen; es kann der Verurteilte, namentlich in wich⸗ 
tigen Dingen, ein höheres Gericht (eine obere Instanz) anrufen 
und z. B. vom Einzelrichter (Amtsrichter) an ein Kollegialgericht 
Landesgericht ꝛc.) appellieren, damit seine Sache nochmals geprüft 
ind ein neuer Spruch gefällt werde. Das höchste Gericht ist das 
Reichsgericht in Leipzig bei welchem gegen 100 berühmte Rechts⸗ 
gelehrie die aͤllerschwierigsten Rechtsfälle endgültig entscheiden. 
Die Rechtsanwälte sind die Fürsprecher für die streitenden 
Parteien und notwendig, weil die rechtlichen Formen so verwickelt 
find, daß ein Rechtsunkundiger nicht damit umgehen kann. Das Pro⸗ 
zessieren wird freilich teuer durch die Rechtsanwälte; denn diese müssen 
Lbenso gut als andere Leute von ihrer Arbeit leben. Allein ein guter 
und ehrlicher Rechtsbeistand verhütet auch manchen Prozeß, wenn er 
die Parteien zu einem gütlichen Vergleiche bewegt und unsaubere 
Klienten von vornherein abweist. Deimling. 
128. Sprüche vom Recht. 
Besser Unrecht leiden, als Unrecht thun. — Versprechen und Halten steht 
wohbl bei Iungen und Alten. — Versprechen macht dehulden. — MWer Zank 
lebt, lebt Sunde. — Vas einem recht ist, das ist dem andern billig. — VWas 
mal Unrecht gewesen ist, das bleibt DUnrecht zu jeder Frist. — Hundert 
drecit vird Leine Stunde Recht. — Zu viel Becht ist Unrecht. — 
Wer diei einnal betrũgt, thut dir unrecht, wer zweimal, thut dir reent. 
Beccer ein meagerer Vergleich als ein fetter Prozess. — Das Recht soll keine 
ene Nace baben. — Wer Recht fordert, muss auch Recht pflegen. — 
oGicu und borgen macht Kummer und Sorgen. — Eines Mannes Rede ist 
Teine Rede, man muss sie hören alle beede. — Nit dem Urteil nieht eile, höre 
o beide Teile. — Richter sollen zwei gleiche Ohren haben. — 
Ales nun, das ihr wollet, dass euch die Leute thun sollen, das thut ihr 
ihnen, das ist das Gesetz und die Propheten. Uatth. 7, 12. 
129. Die Freundschaft. 
Wenn jemand schlecht von deinem Freunde spricht, 
und scheint es noch so ehrlich: glaub ihm nicht! 
Spricht alle Welt von deinem Freunde schlecht: 
mißtrau' der Welt und gieb dem Freunde recht! 
Nur wer so standhaft seine Freunde liebt, 
ist wert, daß ihm der Himmel Freunde giebt. 
Ein Freundesherz ist ein so seltner Schatz, 
die ganze Welt beut nicht dafür Ersatz; 
ein Kleinod ist's, voll heil'ger Wunderkraft, 
das nur bei festem Glauben Wunder schafft — 
doch jedes Zweifels Hauch trübt seinen Glanz, 
einmal zerbrochen, wird's nie wieder ganz. 
Drum, wird ein solches Kleinod dir beschert, 
o. trübe seinen Glanz nicht, halt' es wert!
	        
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