Full text: Lehr- und Lesebuch für städtische und gewerbliche Fortbildungsschulen

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alter Prinzipal Keimer wieder mit Freuden auf; bald aber merkte 
Franklin, daß die Lage dieses Mannes eine verzweifelte war und 
das Geschäft über kurz oder lang zusammensinken mußte. Dazu 
wurde sein Herr immer gröber und mürrischer, so daß er ihn frei— 
willig verließ und unter mancherlei Schwierigkeiten ein eigenes Buch— 
druckereigeschäft begann, indem er sich mit einem seiner Bekannten 
associierte. Der Erwerb war anfangs höchst gering, aber Franklins 
Fleiß unermüdlich; er legte noch einen Papierhandel an und hielt es 
nicht unter seiner Würde, die Papierballen selbst auf einem Schub— 
karren über die Straße zu fahren. Dabei vergaß er auch die 
geistige Fortbildung nicht. Er stiftete eine litterarische Gesellschaft 
junger strebsamer Bürger unter dem Namen „Junta“; jedes Mitglied 
mußte sich verpflichten, alle drei Monate einen Aufsatz über irgend ein 
selbstgewaͤhltes Thema auszuarbeiten und vorzulesen. Die Debatten 
wurden von einem Vorsitzenden geleitet. Ferner gründete Franklin 
auch ein politisches Blatt, und die Aufsätze, die er selber für die Zei— 
tung schrieb, waren durch die Klarheit, Gründlichkeit und angenehme 
Schreibart so ausgezeichnet, daß die Zahl der Abonnenten von Tag 
zu Tag sich mehrte. Schon in Boston, als er noch bei seinem 
Bruder in der Lehre war, hatte er für dessen Zeitung mehrere Ar— 
tikel geschrieben, aber mit verstellter Handschrift, und sie dann jeden 
Morgen vor die Druckerei gelegt, so daß der Bruder glaubte, sie 
kämen von einem Fremden. Schon damals hatte der junge Franklin 
großes Aufsehen erregt. Seine Schreibart war ein Muster von 
Einfachheit, und dabei verstand er es, den Gegenstand in allerlei 
Formen zu kleiden, bald als Erzählung, Fabel, Brief, Dialog, Gleich— 
nis, wie es eben am besten sich fügte. Zuweilen war er beißend 
und spottend, öfters launig, nie steif und trocken, immer unterhaltend. 
Welche Fülle von Weisheit, gesunder Lebensanschauung und Menschen— 
kenntnis steckt oft in einer einfachen Erzählung oder einem kurzen 
Briefchen. 
Im Jahr 1732 begann Franklin einen Volkskalender, „Der 
Almanach des armen Richard“ genannt, worin er durchaus volks— 
tümlich die trefflichsten Grundsätze zum Fleiße, zur Mäßigkeit und 
Einfachheit der Sitten entwickelte und zur Bildung seiner Landsleute 
außerordentlich viel beitrug. Er setzte diesen Almanach 25 Jahre 
lang fort, und im letzten Jahrgange stellte er alle seine Grundsätze 
in der Zueignungsschrift an den Leser zusammen unter dem Titel: 
„Der Weg zum Reichtum“. Diese Zueignungsschrift wurde in ver— 
schiedene Sprachen übersetzt und in mehreren Zeitschriften abgedruckt, 
ja auf einem besonderen Bogen herausgegeben, der unter Glas und 
Rahmen in den Stuben aufgehängt wurde. 
Je mehr seine Mitbürger die ausgezeichneten Talente Franklins 
erkannten, desto mehr benutzten sie auch dieselben für das öffentliche 
Wohl. So erwählte ihn im Jahre 1736 die Versammlung der 
Generalstaaten von Pennsylvanien zu ihrem Sekretär, und darauf
	        
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