1. Die Umgestaltung Preußens.
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eine Vereinbarung über die Abgrenzung der einzelnen Diözesen; denn
Napoleon hatte auch die kirchlichen Verhältnisse durcheinander geworfen.
So hatte er das Erzbistum Cöln aufgelöst und an dessen Stelle ein
Bistum Aachen gesetzt. Der Inhalt der Vereinbarung zwischen Regie- •
rung und Papst kommt in der päpstlichen Bulle De salute animarum
(1821) zum Ausdruck; diese Bulle wurde in die preußische Gesetzessamm¬
lung aufgenommen und erhielt dadurch die Wirkung eines staatlichen
Gesetzes. Die Diözesen erhielten im ganzen ihren heutigen Umfang.
Die Wahl der Bischöfe wird den Domherren übertragen; diese reichen dem
König eine Kandidatenliste ein; der König hat das Recht, Personen, deren
Wahl er nicht wünscht, als nicht genehm zu bezeichnen; solche dürfen
nicht gewählt werden.
Das Vermögen der Kirchen und aufgehobenen Klöster, soweit es
von den Franzosen eingezogen und an den Preußischen Staat übergegangen
war, wurde nicht herausgegeben; dafür übernahm der Staat die Besoldung
der Bischöfe und Domherren, die Kosten der Diözesanverwaltung, die not¬
wendigen Zuschüsse zu gering besoldeten Pfarrstellen, Beitragspflicht zu
notwendigen Kirchenbauten, zur Begründung einer theologischen Fakultät
an der Universität Bonn und Besoldung der Professoren dieser Fa¬
kultät usw.
Verhandlungen mit der lutherischen und reformierten Geistlichkeit
hatten 1817 zur Stiftung einer evangelischen Landeskirche geführt.
Auch das Unterrichtswesen wurde neu geregelt. Für die west¬
lichen Provinzen wurde die Universität Bonn 1818 begründet; die Uni¬
versität Wittenberg wurde nach Halle verlegt. Für die Bedürfnisse der
Handelswelt wurden Realschulen eingerichtet, die Gymnasien erfuhren
eine zeitgemäße Umgestaltung als Vorbereitungsanstalten für die akade¬
mischen Studien. Eine königliche Kabinettsorder des Jahres 1825 regelte
die Schulpflicht für die Volksschulen einheitlich für die ganze Monarchie;
zur Heranbildung von Lehrern wurden Seminare gegründet.
Die öffentliche Gesundheitspflege, die Überwachung der gesundheits¬
polizeilichen Vorschriften, wurde ebenfalls durch königliche Verordnung
vom Jahre 1817 eingeführt. Jeder Regierungsbezirk erhielt einen er¬
probten Arzt als Regierungs- und Medizinalrat, jeder Kreis einen
Kreisarzt^/
Für die Oberleitung der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-
angekegenheiten des Staates wurde 1817 ein besonderes Ministerium
eingerichtet, das kurzweg Kultusministerium genannt wird. Bis da¬
hin unterstanden diese Angelegenheiten dem Minister des Innern.
Die Reformen Steins und Hardenbergs auf dem Gebiete der Land¬
wirtschaft wurden auf die neuen Provinzen ausgedehnt; von großer
Bedeutung war eine Verordnung, daß die Allmenden, d. i. die der
Gemeinde gehörenden Wiesen und Äcker, verkauft oder unter die Bürger
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