— 79—
buntfarbige Bändehen herum. Nun sendet das Schnittervolk ein
Dankgebet zu Gott; dann aber umschlingen sich die Paare und tanzen
um die geschmückten letzten Ähren einen fröhlichen Feldreigen.
Issst das Getreide unter Sichel und Sense gefallen, so beginnt ein
anderes wiebtiges Erntegeschäft: das Eintanren. Drei aufgeleiterte
Wãgen stehen im Hofe, an jedem zwei markige, schneidige Gaule;
und nun hinaus in das Peldi
Der Ober- und der „Anderknecht“ geben die Weizengarben und
Gerstenbüschel auf. Das geht hurtig und wie am Schnürchen, auch
ohne den Bauern; doch greift dieser auch volbat zu. namentlich bei
unbeständiger Sonne.
Die vier Scheunentore steben flügelweit offen. Die Ablader
harren im Speicherviertel und mit ihnen der Ochs, der „treten“ mub.
Das erste Weizen- und Gerstenfuder fährt der Bauer eigenhändig
vom helde in die Scheune und besprengt sie mit einigen DTropfen ge-
weihten Wassers, damit der Himmel, wie er die goldene Prucht
auf der Flur geschont, sie auch behüten mõge vor Wirbelsturm, FPeuer
und Speicherwurm.
Ein eigenartiges Schauspiel ist es zuzuschauen, wie der soge-
nannte „Gerstenstock“ emporwächst. Von den Abladern erklimmt
immer abwechselnd ein anderer die Fuhre um die Gerste vom Wagen
in das Viertel zu gabeln; die übrigen greifen darnach und werfen sie
auseinander; der Ochs aber, geführt von einer Manneshand, muß ein-
trsten. Das tut or anfänglich sehr vergnügt; denn er hält es kür
einen Spaziergang, bei welchem er sich die Gerstenbüschel weidlich
schmecken läßt. Aber nicht recht lange; denn er wird steinmüde in
dem ewigen Herumtreten kreuæ und quer und rundum, schüttelt nun
mißvergnügt den Kopf, schreit aus voller Kehle: „Mub, muh!“ bläst
und schnaubt ärgerlich aus der Nase, bohrt ingrimmig seine Hörner
in das Stroh, setzt sich aut di— Hinterbeine, rastend und wieder—
käuend und will nicht mehr „treten““ Allein alle seine schlauen
Hausmittel helfen ihm nichts; er muß, wenn nicht mit guten Worten,
dann mit Schlägen. So verbleibt er meist drei Tage und Nãchte im
Speicherviertel und gelangt mit dem wachsenden Gerstenstock immer
höher und höher hinauf. Ist jedoch die vorletzte Puhre eingetreten,
so hat der Ochse seine Erntearbeit getan. Nun errichtet man unten
auf der Tenne einen großen Strohhügel und fährt die letzte Gersten—
fuhre herein. Zwischen den beiden Strobwänden, Stock und PFuder,
rutseht alsdann der Ochs hernieder, ganz schön gemütlich. ohne Bein-
bruch, zum Ergõtzen des gesamten Hofes.
Ist die gesamte PErnte im Stadel, danun feiert man nach uraltem
Brauch das „Arnmahl“. Dabei macht der Bauer selbst den Wirt,
und soll der gute Name seines Hauses nicht Schaden leiden, so muß
an diesem Ehren- und Freudentage des Dienstvolkes der Schmaus und
Drank ein sehr reichlicher sein Von Mittagstisch bis tief in die
Nacht verwandelt sich beim Prutemabi die Bauernstube in einen Tanz