80 —
In dem feuchten Gebirgsklima und bei der reichlichen Düngung
Guüllewirtschaft) gedeiht das Futter auch vortrefflich; doch ist das
Dörren des Grases duürch die häufigen Niederschläge sehr erschwert
und die Gewinnung eines guten Heus nur durch das hier übliche
Aufhängen des Fullers an Holzgerüsten, den sogenannfen Heinzen,
möglich. Auch von den steilsten Höhen seiner Berge, wo das Vieh
sich nicht mehr zu weiden getraut, holt der Wildheuer, mit Steigeisen
bewaffnet, das würzige, wie Tee duftende Bergheu herab und trägt
es zentnerweise auf seinem Nacken zu Tal.
Große Dörfer sind im Algäu sellken. Der Bauer wohnt am
liebsten inmitten seines Besitztums. Um die Wohn und Wirlschafts
gebäude weidet im Vor- und Nachsommer das kurzbeinige, breit—
stirnige, trefflich gepflegte Vieh. Gegen Ende Mai bis Mitte Juni
werden die Alpen bezogen, auf denen das Vieh bis zum September
verbleibt.
Der Algäuer Viehschlag ist einer der besten und bekanntesten in
ganz Bayern; doch hat er, allerdings nicht zu seinem Nachteil, im
Laufe der Zeit eine große Umwandlung erfahren. Als nämlich in
den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Milchwirtschaft einen
früher nie geahnten Aufschwung erfuhr und die Milchpreise eine
ungewöhnliche Höhe annahmen, ging im Algäu die Viehzucht sehr
zurück; der Algäuer sah nur noch auf den Milchertrag, nicht mehr
auf die Qualität des Viehes, welches er auch nicht mehr wie sonst
selbst nachzog, sondern aus Osterreich einführfke. Dadurch kam die
früher so bedeutende Viehzucht des Algäus an den Rand des Ab—
grunds und es bedurfte sehr großer Anstrengungen und des eifrigen
Eintretens einiger weiter schauenden Landwirte in Wort und Bei—
spiel, um noch rechtzeitig die Viehzucht in diesem von Natur hiezu
so bevorzugten Lande vor dem Niedergange zu bewahren.
Durch die Gründung der Herdebuchgesellschaft kam ein neuer
Aufschwung in die Viehzucht des Algäus; werwolle Zuchttiere aus
de erwandten, ebenfalls zur Rasse des Graubraunen Gebirgsviehes
genrenden schweizerischen Viehschlägen, vor allem dem Schwyzer—
sdasgd, wurden eingeführt, sachgemäß, unter Berücksichtigung von
Forn Farbe und spezieller Milchleistung, weiter gezüchtet und heute
nimunt das Algäuer Vieh als mittelschweres, genügsames und ge—
sundes Gebirgsvieh von außerordentlicher Milchergiebigkeik wiederum
eine hervorragende Stellung unter den bayerischen Viehschlägen ein.
Die Tiere sind einfarbig hellbraun (Mausefarbe) oder braun bis
dunkelbraun, haben schwarze Hornspitze, schwarze Klauen, bleifarbenes
Flotzmaul und schwarze oder braune Schwanzquaste. Auf eine Kuh
von 400 bis 500 kg ben ewicht rechnet man eine jährliche Milch-
menge von durchschnittlich 3 kg mit einem Fettgehalt von 3,60;
die höchsten Erträgnisse beliefen sich nach den Probemelkungen der
Algäuer Herdebuchgesellschaft auf 5658 Lg Milch mit 4,80 Fett.