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allein die ganze Bedienung machte, indem er alle Gerichte aufsetzte und 
abnahm und die übrigen Kellner ihm nur zureichten und aus den Händen 
nahmen. Dabei wurde nie etwas verschüttet, auch niemand der Speisenden 
berührt, sondern alles geschah luftartig, behende, wie durch Geistergewalt. 
Und so flogen Tausende von Schüsseln und Tellern aus seinen Händen 
auf den Tisch, und wiederum vom Tisch in die Hände ihm der folgenden 
Bedienung. Ganz in seine Arbeit vertieft, war der ganze Mensch bloß 
Blick und Hand, und er öffnete seine geschlossenen Lippen nur zu flüchtigen 
Antworten und Befehlen. Und er besorgie nicht dloß den Tisch, sondern 
auch die einzelnen Bestellungen an Wein und dergleichen; dabei merkte 
er sich alles so daß er am Ende der Tafel eines jeden Zeche wußte und 
das Geld einkassierle. Ich bewunderte den Überblick, die Gegenwart des 
Geistes und das große Gedächtnis dieses merkwürdigen jungen Mannes. 
— Dabei war er immer vollkommen ruhig und sich bewußt und immer 
bereit zu einem Scherz und einer geistreichen Erwiderung, so daß ein be⸗ 
ständiges Lächeln auf seinen Lippen schwebte. — Ein sranzösischer Ritl— 
meister der alten Garde fragte ihn gegen Ende der Tafel, und sofort 
antwortete er in derselben Sprache. Das Französische sprach er voll— 
kommen, ebenso das Englische, und man versicherte mich, daß er noch 
drei andere Sprachen in seiner Gewalt habe. Ich ließ mich später mil 
ihm in ein Gespraͤch ein und hatte nach allen Seiten hin eine seltene 
Bildung an ihm zu schätzen.“ 
—e — 
XII. Die Arbeit der Barbiere, Friseure und 
Seifensieder. 
291. Das Barbier- und Friseurgewerbe. 
Vom Herausgeber.) 
VUnter den Handwerkszweigen nimmt das Barbier-⸗ und Friseurgewerbe 
eine ganz besondere Stellung ein. Während die Bauleute für Woͤhnung, 
Schuster und Schneider für Kleidung, Bäcker und Schlachter für unsere 
Ernährung sorgen, leistet der Barbier und Friseur uns persönliche Dienste. 
Er stutzt unsern Bart- und Haarwuchs formensinn⸗ und modegemäß zu 
oder nimmt ihn teilweise weg, reinigt, kräuselt, wellt, brennt und bearbeitet 
ihn nach den verschiedensten Methoden oder sorgt als Perückenmacher für 
Ersatz desselben. 
Die Sitte, den Bart rasieren zu lassen, ist uralt; schon zu Zeiten 
Alexanders des Großen bestand sie, wie sicher verbürgt ist. In dieser 
vorchristlichen Zeit gab es bereits Barbierstuben, in denen genau wie in 
manchen unserer modernen Rasiersalons allerlei Stadtneuigkeiten und 
Stadtklatsch zu erfahren waren. Während der römischen Kaiserzeit war 
das Rasieren des Bartes eine fast allgemein eingeführle Mode, nur bei 
Trauer ließ man den Bart wachsen. Während die allen Germanen ihren 
Bart lustig weiter wachsen ließen, also Vollbärte trugen, bildete zur Zeit 
Karls des Großen der Schnurrbart die natürliche Zierde des Mannes; 
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