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87. Die Bremer Stadtmusikanten.
1.
Es hatte ein Mann einen Esel, der schon lange Jahre die
Säcke unverdrossen zur Mühle getragen hatte, dessen Kräfte
aber nun zu Ende gingen, so daß er zur Arbeit immer untaug¬
licher ward. Da dachte der Herr daran, ihn aus dem Futter
zu schaffen; aber der Esel merkte, daß kein guter Wind wehte,
lief fort und machte sich auf den Weg nach Bremen; dort,
meinte er, könnte er ja Stadtmusikant werden. Als er ein
Weilchen fortgegangen war, fand er einen Jagdhund aus dem
Wege liegen, der jappte wie einer, der sich müde gelaufen hat.
„Nun, was jappst du so, Packan?" fragte der Esel. „Ach,"
sagte der Hund, „weil ich alt bin und jeden Tag schwächer
werde, auch auf der Jagd nicht mehr fort kann, hat mich mein
Herr wollen totschlagen, da hab' ich Reißaus genommen; aber
womit soll ich nun mein Brot verdienen?" — „Weißt du was,"
sprach der Esel, „ich gehe nach Bremen und werde dort Stadt¬
musikant; geh mit und laß dich auch bei der Musik annehmen.
Ich spiele die Laute, und du schlägst die Pauken." Der Hund
war's zufrieden, und sie gingen weiter. Es dauerte nicht lange,
so saß da eine Katze an dem Wege und machte ein Gesicht wie
drei Tage Regenwetter. „Nun, was ist dir in die Quere
gekommen, alter Bartputzer?" sprach der Esel. — „Wer kann
da lustig sein, wenn's einem an den Kragen geht," antwortete
die Katze; „weil ich nun zu Jahren komme, meine Zähne
stumpf werden, und ich lieber hinter dem Ofen sitze und spinne,
als nach Mäusen herumjage, hat mich meine Frau ersäufen
wollen; ich habe mich zwar noch fortgemacht, aber nun ist guter
Rat teuer; wo soll ich hin?" — „Geh mit uns nach Bremen,
du verstehst dich doch auf die Nachtmusik, da kannst du ein
Stadtmusikant werden." Die Katze hielt das für gut und
ging mit.
Darauf kamen die drei Landesflüchtigen an einem Hofe
vorbei; da saß auf dem Tore der Haushahn und schrie aus
Leibeskräften. „Du schreist einem durch Mark und Bein,"
sprach der Esel, „was hast du vor?" — „Da hab' ich gut