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Wetter prophezeit," sprach der Hahn, „aber weil morgen zum
Sonntage Gäste kommen, so hat die Hausfrau doch kein
Erbarmen und hat der Köchin gesagt, sie wollte mich morgen
in der Suppe essen, und da soll ich mir heute abend den Kopf
abschneiden lassen. Nun schreie ich aus vollem Halse, solang
ich noch kann." „Ei was, du Rotkopf," sagte der Esel, „zieh
lieber mit uns fort, wir gehen nach Bremen, etwas Besseres
als den Tod findest du überall; du hast eine gute Stimme, und
wenn wir zusammen musizieren, so muß es eine Art haben."
Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen, und sie gingen alle
vier zusammen fort.
2.
Sie konnten aber die Stadt Bremen in einem Tage nicht
erreichen und kamen abends in einen Wald, wo sie übernachten
wollten. Der Esel und der Hund lagerten sich unter einen
großen Baum, die Katze und der Hahn machten sich in die
Äste; der Hahn aber flog bis in die Spitze, wo es am sichersten
sür ihn war. Ehe er einschlief, sah er sich noch einmal nach
allen vier Winden um. Da deuchte ihn, er sähe in der Ferne
ein Fünkchen brennen, und ries seinen Gesellen zu, es müßte
nicht gar weit ein Haus sein, denn es scheine ein Licht. Sprach
der Esel: „So müssen wir uns aufmachen und noch hingehen,
denn hier ist die Herberge schlecht." Der Hund meinte, ein
Paar Knochen und etwas Fleisch daran täten ihm auch gut.
Also machten sie sich aus den Weg nach der Gegend, wo das
Licht war, und sahen es bald heller schimmern, und es ward
immer größer, bis sie vor ein hell erleuchtetes Räuberhaus
kamen. Der Esel, als der größte, näherte sich dem Fenster und
schaute hinein. „Was siehst du, Grauschimmel?" fragte der
Hahn. „Was ich sehe?" antwortete der Esel, „einen gedeckten
Tisch mit schönem Essen und Trinken, und Räuber sitzen daran
und lassen sich's wohl sein." „Das wäre was für uns," sprach
der Hahn. „Ja, ja, ach, wären wir da!" sagte der Esel. Da
ratschlagten die Tiere, wie sie es anfangen müßten, um die
Räuber hinauszujagen, und fanden endlich ein Mittel. Der
Esel mußte sich mit den Vorderfüßen auf das Fenster stellen,