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Er wollte nachher in das Geschäft seines Vaters eintreten. Er ritt wie
ich, die Zügel überm Patronengurt, die Hände in den Taschen; er hatte
aber die Stirn heute morgen sehr kraus gezogen und sah scharf vor sich
hin. Schräg hinter mir ritt der gewesene Offizier.
Um diese Tageszeit sollten wir nach den Aussagen unsrer Patrouillen
den Feind erreichen. Aber er war nicht da. Da dachte ich mit vielen
andern, daß es wieder nichts würde, und ärgerte mich sehr. Doch hörten
wir bald darauf von rechts herüber Kanonendonner.
Es wurde acht; es wurde neun. Der Busch wurde eng, daß die
Ausgeschwärmten nicht weiter konnten. Sie kamen heraus und zogen sich
auf dem Weg zusammen. Die Sonne stieg und stieg; es wurde ein
heißer Tag. Es sing an warm im Sattel zu werden. Die Pferde
wurden müde. Ein kleiner, schmaler Leutnant mit einem zähen, hagern
Gesicht und scharfen Angen ritt an meiner Seite vorüber und sagte mit
gedämpfter Stimme: „Wir sind keine drei Kilometer von den Wasser¬
löchern." Er hatte in den letzten Tagen mehrmals eine gefährliche
Patrouille bis in diese Gegend geritten und kannte jeden Busch.
Da siel vorn der erste Schuß. Die Gewehre flogen aus dem Schuh.
Wir waren mit raschem Schwung aus dem Sattel; die Zügel flogen
über den Pferdehals; die Pferdehalter griffen zu. Unsre Kompagnie war
nur neunzig Mann stark; zehn ließen wir bei den Pferden; nur achtzig
Mann gingen wir in den dichten Busch hinein. Die Feinde schossen
heftig und stießen kurze, wilde Rufe aus. Ich sah einen von den Unsrigen
verwundet; er kauerte und untersuchte seine Wunde am Schenkel. Ich
sah noch nichts vom Feinde. Aber da sah ich, einen Augenblick nur, ein
Stück von einem erhobenen Arm im graubraunen Kvrdrock und schoß
dahin. Dann lag ich und spähte auf ein neues Ziel. Es ging lebhaftes
Feuern hin und her. Wenn einer von uns getroffen zu haben glaubte,
verkündigte er es mit lauter Stimme: „Der steht nicht wieder auf!
Mensch, mitten in die Brust!" Der dritte Mann zu meiner Rechten,
der ein wenig nach vorn an einem Busch lag, zuckte zusannnen. Drüben
schrie eine lachende Stimme: „Hast genug, Dütschmen?" Der Kamerad
sagte: „Ich habe einen Schuß in die Schulter," und kroch auf allen
vieren zurück.
Ich hörte durch all unser eigen Schießen, daß wir auch von links her
Feuer bekamen. Nun wurde dies Feuer stärker. Sie kamen näher. In
dichten Reihen krochen und schossen und schrien sie heran. Zwei von
meinen Nachbarn schossen nicht mehr. Wir krochen um eine, zwei Körper-
längen zurück. Sie schrien und riefen: „Paß auf, Dütschmen! Paß auf!"
Es wimmelte von Menschen. Ich glaubte, daß sie nun hervorbrächen im
wilden Sturm, und daß es aus mit uns wäre. Ich hatte wegen unsrer
Verwundeten eine furchtbare Angst für den Fall, daß wir zurück mußten.
Ich nahm mir fest vor, wenn das Kommando käme, laut zu rufen: „Die