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„Soll werden seinen: König gleich
130 Ein hohes Heldenbild,
Soll führen die Färb von manchem Reich
In seinem Banner und Schild;
„Soll greifen in manches Königs Tisch
Mit seiner freien Hand,
135 Soll bringen zu Heil und Ehre frisch
Sein seufzend Mutterland."
Ludwig Uhland.
35. Das Niefenfpirlzeng.
Burg Niedeck ist im Elsaß der Sage wohl bekannt,
Tie Höhe, wo vor Zeiten die Burg der Riesen stand;
Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer;
Tu fragest nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.
5 Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor,
Erging sich sonder Wartung und spielend vor dem Thor
Und stieg hinab den Abhang bis in das Thal hinein,
Neugierig zu erkunden, wies unten möchte sein.
Mit wen'gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald,
io Erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald,
Und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld
Erschienen ihren Augen gar eine fremde Welt.
Wie jetzt zu ihren Füßen sie spähend niederschaut,
Bemerkt sie einen Bauer, der seinen Acker baut;
15 Es kriecht das kleine Wesen einher so sonderbar,
Es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und klar.
„Ei, artig Spielding!" ruft sie, „das nehm ich mit nach Haus!"
Sie knieet nieder, spreitet behend ihr Tüchlein aus
Und feget mit den Händen, was da sich alles regt,
20 Zu Hansen in das Tüchlein, das sie zusammenschlägt.
Und eilt mit freud'gen Sprüngen — man weiß, wie Kinder sind —
Zur Burg hinan und suchet den Vater ans geschwind:
„Ei Vater, lieber Vater, ein Spielding wunderschön!
So Allerliebstes sah ich noch nie ans unsern Höhn."
Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein,
Er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein:
„Was Zappeliges bringst du in deinem Tuch herbei?
Tu hüpfest ja vor Freuden; laß sehen, was es sei!"
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